Flüchtlingspolitik in Jamaika-Koalition umstritten
Saarbrücker Zeitung, 9.12.2011

SPD und Saarländischer Flüchtlingsrat haben erneut Reformen in der Flüchtlingspolitik angemahnt. Doch die Änderungen, die die Landesregierung „prüfen“ wollte, scheinen endgültig vom Tisch – und die Koalition ist zerstritten. Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Saarbrücken. Flüchtlinge im Saarland werden wohl auch weiterhin nur in Ausnahmefällen außerhalb der Landesaufnahmestelle in Lebach wohnen dürfen. Eine so genannte dezentrale Unterbringung aller Flüchtlinge in den saarländischen Kommunen ist nach Angaben des innenpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Günter Becker, „vom Tisch“. Weil das Land gesetzlich dazu verpflichtet sei, eine zentrale Landesaufnahmestelle auch dann zu betreiben, wenn die Flüchtlinge mittelfristig auf die einzelnen Kommunen verteilt werden, „würden Mehrkosten entstehen, die sich das Land nicht leisten kann“, sagte Becker gestern der SZ. Auch der Saarländische Städte- und Gemeindetag sowie der Landkreistag sind nicht bereit, für etwaige Mehrkosten aufzukommen. CDU, FDP und Grünen hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge „zu prüfen“.

Hinter den Kulissen der Jamaika-Koalition ist die Flüchtlingspolitik offenbar heftig umstritten: „Eine gemeinsame Linie ist noch nicht gefunden“, betonte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Claudia Willger, gestern gegenüber unserer Zeitung. Es gebe „weiterhin große inhaltliche Auseinandersetzungen insbesondere mit der CDU“. Willger schlägt so etwa vor, einen Teil der Zuschüsse des Landes für den kommunalen Finanzausgleich nur zweckgebunden auszubezahlen. Sprich: Die Kommunen erhalten das Geld nur, wenn sie damit die dezentrale Flüchtlingsunterbringung finanzieren. Ein Vorschlag, dem ihr CDU-Kollege Becker eine klare Absage erteilt: „Das ist mit uns nicht zu machen.“ Auch sieht Becker „keine Chance mehr“, dass die umstrittenen Lebensmittelpakete für die Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle abgeschafft werden. Anstelle der Pakete Geld auszuzahlen, befördere Diebstahl und Erpressung unter den Flüchtlingen, so die Überzeugung der CDU. Und die Einführung von Lebensmittelgutscheinen sei an der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Handels gescheitert.

Anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember hatte die SPD gestern gemeinsam mit dem Saarländischen Flüchtlingsrat eine Reform der Flüchtlings- und Integrationspolitik im Saarland angemahnt. Zentrale Forderungen waren dabei erneut die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge sowie die Abschaffung der vorgefertigten Lebensmittelpakete. Der SPD-Landtagsabgeordnete Magnus Jung warf den Grünen vor, sich diesbezüglich in der Jamaika-Koalition nicht durchgesetzt zu haben. „Denen war der Nichtraucherschutz offenbar wichtiger als die Flüchtlingspolitik“, sagte Jung.

Protestaktion gegen AbschiebehaftSaarbrücker Zeitung, 8.12.2011Saarbrücken. Der Saarländische Flüchtlingsrat und die Aktion 3. Welt Saar beteiligen sich heute am Tag der Menschenrechte an einer Mahnwache in Mainz gegen die Abschiebehaftanstalt im rheinland-pfälzischen Ingelheim. Sie fordern die Abschaffung der Abschiebehaft, in der auch abgelehnte Asylbewerber aus dem Saarland untergebracht sind. „Wir lehnen es ab, Menschen, die oft aus katastrophalen gesellschaftlichen Verhältnissen hierher geflohen sind, als ‚Sicherheitsrisiko‘ und ‚Kriminelle‘ zu denunzieren und entsprechend zu behandeln“, sagte Roland Röder von der Aktion 3. Welt Saar. red


„Lebensbedingungen nicht hinnehmbar“
SAARBRÜCKER ZEITUNG, 30.09.2011

Die Lebensumstände in der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Lebach sind nach wie vor umstritten. Der Saarländische Flüchtlingsrat drängt auf Verbesserungen. Die Landesregierung „prüft“ diese seit mehreren Monaten.
Saarbrücken. Anlässlich des heutigen Weltflüchtlingstags hat der saarländische Flüchtlingsrat (SFR) seine Forderung erneuert, die derzeit in der Landesaufnahmestelle in Lebach einquartierten Menschen in den saarländischen Kommunen unterzubringen. „Die Lebensbedingungen der Flüchtlinge in Lebach sind nicht hinnehmbar“, sagte Roland Röder vom SFR gestern bei einem Pressegespräch in Lebach. „Man könnte ja noch damit leben, wenn neu ankommende Flüchtlinge vorübergehend – etwa für drei Monate – in Lebach einquartiert werden, aber danach sollten sie auf die Kommunen verteilt werden“, so Röder. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien CDU, FDP und Grüne sieht auch explizit vor, die so genannte dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in den Kommunen zu prüfen. Bislang allerdings ohne Ergebnis, wie das Innenministerium gestern auf SZ-Anfrage mitteilte. Der saarländische Städte- und Gemeindetag lehnt die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge ab, wenn damit Mehrkosten für die Kommunen verbunden sind. „In Betracht gezogen“ wird von der Landesregierung allerdings, dass Flüchtlinge, die ihren Lebensunterhalt vollständig selbst bestreiten können, außerhalb der Landesaufnahmestelle wohnen dürfen.

Selbstbestimmte Ernährung

Ein Kritikpunkt des SFR an den Lebensumständen in Lebach sind die vorgefertigten Lebensmittelpakete. Der SFR fordert seit Jahren, dass die Flüchtlinge selbst über ihre Ernährung bestimmen dürfen und anstelle der Pakete Bargeld oder Gutscheine zum Lebensmittel-Einkauf erhalten.
„Ob und inwieweit das bisherige Sachleistungsprinzip aufgehoben werden kann“, werde laut Innenministerium von der Landesregierung weiter „geprüft“.
Die Behauptung des SFR, dass Flüchtlinge nur eine medizinische Notfallversorgung erhalten und chronische Erkrankungen nicht behandelt würden, weist das Ministerium zurück. Nach Paragraph 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes könnten Krankenhilfeleistungen erbracht werden, soweit sie „für die Gesundheit unerlässlich“ sind. Damit sei auch eine Behandlung von chronischen Krankheiten möglich.
Zudem weist das Ministerium darauf hin, dass die bislang umstrittenen Öffnungszeiten der Gemeinschaftsduschen in der Landesaufnahmestelle seit 26. Juli 2011 verlängert wurden. Sie seien nun täglich (auch an Samstagen und Sonntagen) von acht bis 10.30 Uhr und von 14 bis 19 Uhr geöffnet. Zuvor waren sie montags bis freitags von zehn bis 17.30 Uhr sowie samstags und sonntags von 13 bis 16.30 Uhr geöffnet. jos


Saarbrücken: Flüchtlingsrat übt Kritik
SR-NACHRICHTEN, 30.09.2011

Anlässlich des heute stattfindenden Tages des Flüchtlings hat der Saarländische Flüchtlingsrat die schlechten Bedingungen in der Landesaufnahmestelle in Lebach kritisiert.
Die Selbstbestimmung der Bewohner sei u.a.durch feste Duschzeiten und Lebensmittelpakete massiv beeinträchtigt. Der Rat übte darüber hinaus Kritik am Engagement der Landesregierung.
Diese kümmere sich nicht ausreichend um die Verbesserung der Zustände im Lager. Obwohl im Koalitionsvertrag eine Prüfung festgeschrieben sei, habe sich bisher nichts getan.


Duschen jetzt auch früh und spät?
Saarbrücker Zeitung, 28. Mai 2011
Die vielfach kritisierten Lebensbedingungen von Flüchtlingen in der Landesaufnahmestelle in Lebach sollen entschärft werden. Die Landesregierung aus CDU, FDP und Grünen nimmt dazu 100 000 Euro in die Hand. Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Saarbrücken. Die umstrittenen Lebensbedingungen von Asylbewerbern in der Landesaufnahmestelle in Lebach sollen verbessert werden. Dies sieht ein Maßnahmenpaket der Landesregierung vor, das noch im Laufe dieses Jahres umgesetzt werden soll. Nach Angaben des innenpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Günter Becker, sollen die bislang umstrittenen Öffnungszeiten der Gemeinschaftsduschen deutlich ausgeweitet, Besuchsregelungen gelockert und die Gemeinschaftsangebote ergänzt werden. Geplant ist zudem, finanziell unabhängigen Asylsuchenden eine Unterbringung außerhalb der Landesaufnahmestelle zu ermöglichen. Für das Maßnahmenpaket sind 100 000 Euro zusätzlich im diesjährigen Landeshaushalt eingeplant worden. Insgesamt gibt das Land damit 451 000 Euro für „die Förderung der Integration und der Betreuung von Flüchtlingen“ aus. „Um wie viel länger die Gemeinschaftsduschen künftig geöffnet werden können, hängt von der Anzahl der Flüchtlinge ab, die – für ein Entgelt – eine Aufsichtsfunktion übernehmen“, sagt Becker. Eine Aufsichtsperson vor den Gemeinschaftsduschen sei aus Sicherheitsgründen notwendig. Bislang sind die Duschräume wochentags von zehn bis 17.30 Uhr und an Wochenenden von 13 bis 16.30 Uhr geöffnet. Nach Angaben des Landesverwaltungsamts sind in den vergangenen Monaten zudem in 18 Wohnungen Duschen eingebaut worden. Weitere sieben Wohnungen sollen ebenfalls mit Duschen ausgestattet werden. Geplant ist außerdem die Einrichtung einer Teestube mit Internetanschlüssen. Auch sollen Besucher künftig in der Landesaufnahmestelle übernachten können.

Ob die umstrittenen Essenspakete für die Flüchtlinge durch Essensgutscheine ersetzt werden können, ist dagegen noch ungewiss. „Wir befürworten das, aber sind dazu auf die Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel vor Ort angewiesen“, sagt Becker. Derzeit würden mit verschiedenen Discounter-Märkten Gespräche geführt. Nach SZ-Informationen haben mehrere ortsansässige Händler die Einführung von Essensgutscheinen bislang abgelehnt.Ungewiss ist auch, ob all diejenigen Flüchtlinge, die „ihren Lebensunterhalt auf Grund von Einkünften selbst bestreiten können“, künftig auch außerhalb der Landesaufnahmestelle wohnen dürfen. Entsprechende Gespräche mit dem Saarländischen Städte- und Gemeindetag (SSGT) stehen noch aus. Die Aufenthaltsdauer aller Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle auf ein Jahr zu beschränken und sie dann in saarländischen Kommunen unterzubringen (wie dies im Koalitionsvertrag von CDU, FDP und Grünen zumindest anvisiert wird), scheitert bislang am Widerstand des SSGT. Gegenüber unserer Zeitung begründet der SSGT dies mit der Sorge vor erheblichen Mehrkosten.Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR), der sich seit Jahren für die Interessen der Asylbewerber einsetzt, begrüßt zwar die geplanten Verbesserungsmaßnahmen. „Aber die Politik sollte das Geld, das sie jetzt dafür ausgibt, lieber für eine Unterbringung aller Flüchtlinge in den Kommunen aufwenden“, sagt Waltraud Andruet vom SFR. „Dann gäbe es auch keine Probleme mit Duschzeiten und Essenspaketen mehr.“


Fluchen über die Flüchtlingspolitik
Saarbrücker Zeitung, 26.05.2011
Unermüdlich engagiert sich der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse von Asylsuchenden. Eine Podiumsdiskussion des SFR in Lebach litt jedoch unter Einseitigkeit und Ratlosigkeit.
Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Lebach. Dass Flüchtlinge ein schweres Schicksal zu meistern haben, ist unstrittig. Sie fliehen aus ihren Heimatländern vor Armut, Hunger, Gewalt, der Verfolgung aufgrund ihres Glaubens oder ihrer politischen Überzeugung. Dass ihre Lebensumstände auch in der Landesaufnahmestelle in Lebach nicht ideal sind, wird ebenfalls niemand ernsthaft bestreiten.

So sahen das auch alle Teilnehmer einer als Podiumsdiskussion
angekündigten Veranstaltung am Dienstagabend in der evangelischen Kirche in Lebach: Erörtert wurde dort ein beklagenswerter Zustand; von einer echten Diskussion konnte allerdings keine Rede sein. Weshalb sich alsbald auch hier ein beklagenswerter Zustand einstellte: Dass der ausrichtende Saarländische Flüchtlingsrat nämlich niemanden von der Landesregierung eingeladen hatte, die die Lebensumstände in der Aufnahmestelle zu verantworten hat – und verändern könnte. „Es gibt wohl menschliche Gesetze, aber die gelten offenbar nicht für uns. Man behandelt uns wie Tiere.“ Mit oft zorniger Stimme berichtete die 24-jährige Rafia Naseem vor rund 50 Zuhörern vom Leben in der Landesaufnahmestelle. Wie viele andere der insgesamt rund 900 Flüchtlinge in Lebach fordert sie Geld für den Lebensmittel-Einkauf (statt vorgefertigte Lebensmittelpakete), mehr Wohnraum (statt einer Mehrfachbelegung von Zimmern) und freie Duschzeiten (statt wochentags von zehn bis 17.30 Uhr und an Wochenenden von 13 bis 16.30 Uhr).

„Das Ziel dieser Politik ist klar: Die Flüchtlinge sollen gar nicht erst hier bleiben wollen“, resümierte Reinhard Schott, Ausländerbeauftragter der evangelischen Kirche in der Pfalz. Er warnte allerdings davor „zu glauben, dass mit Bargeld anstelle von Lebensmittelpaketen eine Besserung eintritt“. Einem Flüchtling stehe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz deutlich weniger zu als der Hartz IV-Regelsatz von 364 Euro im Monat.

„Das Grundübel ist der Status der Duldung“, betonte Willi Mayer, Referent für Migration im Caritasverband Trier. „Die ständige, zum Teil jahrelang währende Unsicherheit darüber, ob man abgeschoben wird oder nicht, zermürbt die Menschen.“ Er plädierte deshalb dafür, die Aufenthaltsdauer in der Landesaufnahmestelle auf ein Jahr zu beschränken. Dann müsse die Ausländerbehörde eine Entscheidung über das Bleiberecht fällen. Aus dem Publikum kam jedoch der Hinweis, dass der Behörde eine langwierige Überprüfung des Asylantrags so lange nicht vorgeworfen werden kann, wie Asylsuchende bewusst ihre Staatsangehörigkeit verschleiern, um einer möglichen Abschiebung zu entgehen.

Eine „Verkürzung der Aufenthaltsdauer in der Landesaufnahmestelle auf maximal ein Jahr“, „eine Umstellung der Zuwendungen von Sach- auf Geldleistungen“ sowie die vom Podium ebenfalls einhellig favorisierte „Verteilung der Bewohner auf die saarländischen Gemeinden“ will übrigens auch die Landesregierung laut Koalitionsvertrag zumindest „prüfen“. Umso dringlicher wäre es gewesen, wenn das Podium auf die von Moderator Thomas Gerber (SR) wiederholt gestellte Frage eine Antwort gewusst hätte: „Wie können wir die Politik zum Handeln bewegen?“ Keine leichte Frage, aber ohne Konfrontation wird nichts bleiben als „Erörterung“.


Lebach: Änderungen in der Landesaufnahmestelle
SR3-Regionalnachrichten, 24.05.2011

Für die Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle Lebach soll es bald Verbesserungen geben. Das kündigten Vertreter der Jamaika-Koalition an. So werden die Wohnungen besser ausgestattet.

Nach und nach sollen dort Duschen eingebaut werden. Außerdem sind Gemeinschaftseinrichtungen wie eine Teestube geplant. Eine Umstellung von Sach- auf Geldleistungen werde es nicht geben.

Die Begrenzung der Aufenthaltsdauer werde noch verhandelt. Dem Flüchtlingsrat gehen die Änderungen nicht weit genug. Er veranstaltet heute Abend eine Podiumsdiskussion zu dem Thema.


Wenn Ärzte mit Abschiebung Geschäfte machen
SR-Nachrichten, 8.12.2010

Atteste zur Reisefähigkeit von abzuschiebenden Ausländern – damit haben offenbar zwei Ärzte Geschäfte gemacht. Ärzte aus Hessen und dem Saarland boten der Bremer Ausländerbehörde ihre Dienste an. Der Saarländische Flüchtlingsrat kritisiert diese Praxis. Dem Saarländischen Flüchtlingsrat wurden Briefe zwischen der Bremer Ausländerbehörde und zwei Ärzten sowie mehrere vertrauliche E-Mails zugespielt. Eine Notärztin aus Hessen und ein Suchtmediziner aus dem Saarland haben der Ausländerbehörde ihre Dienste bei der Abschiebung von Ausländern angeboten.
Weitere InformationenIn dem Brief, der dem SR vorliegt, heißt es: „Wir verfügen über eine mehrjährige Erfahrung bei Rückführungen ausländischer Staatsangehöriger in die jeweiligen Heimatländer weltweit“. Als Leistung werden unter anderem das „Erstellen sämtlicher medizinischer Gutachten“ sowie „Flugreisetauglichkeitsuntersuchungen“ angeboten. Die Ärzte könnten ihre „Zeit flexibel gestalten und auch gegebenenfalls sehr kurzfristig Aufträge annehmen“.

Abschieben um jeden Preis?Laut Flüchtlingsrat hat die Bremer Ausländerbehörde bereits die Dienste der beiden Ärzte in Anspruch genommen. In dem konkreten Fall sollte ein türkischer Staatsangehöriger abgeschoben werden, bei dem eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt wurde. „In so einem Fall sollte ein Psychiater über die Reisefähigkeit urteilen, nicht ein Notarzt oder ein Suchtmediziner“, sagt Rechtsanwalt Peter Nobert vom Flüchtlingsrat dem SR.

Der Flüchtlingsrat kritisiert die Praxis der Ausländerbehörde. „Wir finden es eigenartig, dass ein x-beliebiger Arzt aus der Republik anreist, den Abgeschobenen kurz am Flughafen sieht und dann versucht, das Urteil des behandelnden Arztes ins Gegenteil zu verkehren. Es ist nicht in Ordnung, dass, wie in Bremen geschehen, ein fachärztliches Attest durch einen dritten Arzt überprüft wird, damit um jeden Preis abgeschoben werden kann“, sagt Nobert. Flüchtlingsrat: Ausländerbehörde muss sich an Attest haltenWenn ein fachärztliches Attest vorliege, habe sich die Ausländerbehörde daran zu halten. „Häufig werden diese Atteste noch vom Amtsarzt überprüft. Die Behörde hat doch keinen Grund anzunehmen, dass der behandelnde Arzt ein Gefälligkeitsgutachten für den Abzuschiebenden ausstellt“, sagt Nobert. Offenbar werde von den Ausländerbehörden versucht, Ärzte zu finden, die entgegen der fachärztlichen Aussagen die Flugreisetauglichkeit doch bestätigten, so Nobert. Ärztekammer prüft derzeitOb die Ärzte gegen das Berufsrecht verstoßen haben, muss nun die Ärztekammer des Saarlandes klären, die den Fall derzeit prüft. „Ethische Maßstäbe würden eindeutig dann verletzt, wenn wider besseren Wissens ein falsches Zeugnis ausgestellt wird“, sagt Eckart Rolshoven, zuständig für Standesfragen bei der Ärztekammer des Saarlandes. Rechtsanwalt Nobert verweist auf den Ärztetag in Ulm 2008. Dort hatte sich die Bundesärztekammer gegen Überlegungen der Innenminister ausgesprochen, die Flugtauglichkeit abzuschiebender Personen durch einen Pool von „Ärzten für Flugmedizin“ feststellen zu lassen. „Nicht die allein flugmedizinische Begutachtung oder Betreuung des Einzelnen ist das Entscheidende, sondern die qualifizierte Betreuung von Menschen, die sich mit der Abschiebung in einer schweren Ausnahmesituation befinden“, heißt es in dem Beschluss. Zudem empfahl die Bundesärztekammer den Ausländerbehörden, sich an die Psychotherapeuten und Allgemeinmediziner zu wenden, die diese Menschen behandelt hatten. (mwi)


Flüchtlingsrat fordert bessere Lebensbedingungen für Flüchtlinge
Saarbrücker Zeitung, 01.10.2010

Saarbrücken. Anlässlich des heutigen Tages des Flüchtlings hat der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) die Landesregierung aufgefordert, die Situation der 830 Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle in Lebach zu verbessern.

Wie SFR-Vorstandsmitglied Peter Nobert sagte, habe sich trotz der Landtagsanhörung im Mai an der Lage nichts verändert. Er forderte, die Aufnahmestelle aufzulösen und Flüchtlinge bei ihrer Ankunft im Saarland sofort auf die Gemeinden zu verteilen. Der Innenausschuss des Saar-Landtags wird sich im November mit dem Thema befassen. bera


Lebach: Flüchtlingsrat fordert Verbesserungen
SR, Regionalnachrichten, 30.9.2010

Der saarländische Flüchtlingsrat hat die Landesregierung erneut aufgefordert, die Situation der 830 Flüchtlinge in der Lebacher Landesaufnahmestelle zu verbessern.

Ein Sprecher sagte, die Lage der Menschen habe sich trotz einer Landtagsanhörung im Mai nicht verändert. Er forderte, den Flüchtlingen Geld statt Lebensmittelpakete zukommen zu lassen.

Zudem sollen die Betroffenen künftig dezentral untergebracht werden.
Landesregierung, Städte und Gemeinden verhandeln ab Oktober über die Zukunft der Landesaufnahmestelle.
Ein Flüchtlingslager verliert immer mehr öffentliche Zustimmung


Ein Beispiel für eine erfolgreiche asylpolitische Kampagne
Antifaschistisches Info Blatt, 2/2010

So richtig dafür ist niemand mehr. Das Bekenntnis von Parteien und Wohlfahrtsverbänden für das saarländische Flüchtlingslager Lebach fällt nur noch halbherzig aus. Zuletzt hat die Mehrzahl der 800 Flüchtlinge im März die Annahme der Lebensmittelpakete verweigert und öffentlich gegen die Unterbringung im Lager protestiert. Ein Erfolg der Arbeit des Saarländischen Flüchtlingsrates.

Das war neu.
Als im März 2010 zwei Wochen lang mehrere hundert Flüchtlinge die Annahme der Lebensmittelpakete verweigerte, fanden weder Parteien noch Lagererwaltung geschweige denn die Wohlfahrtsverbände, die im Lager aktiv sind, einen adäquaten Umgang damit. Dass die Klienten ihres ordnungspolitischen und pädagogischen Tuns eigenständig Forderungen stellen und diese gleich noch öffentlich kundtun, war neu und ungewohnt.
Anlass und zeitlicher Auslöser dieser Proteste war die Initiative eines Flüchtlings, der auf besonders skurrile Weise von der staatlichen Lagerverwaltung schikaniert worden war. Ihm wurde allen Ernstes verboten, ein Aquarium zu besitzen. Als er auf einer Pressekonferenz des Saarländischen Flüchtlingsrates diesen sinnbildlichen Irrsinn staatlicher Verwaltung und alltäglicher Gängelung öffentlich machte, löste er ein großes Medieninteresse aus. Dies wirkte wie eine Initialzündung und ermunterte andere Flüchtlinge, über Länder- und ethnische Grenzen hinweg, den lange angestauten Unmut zu artikulieren. Als der Innenausschuss des Landtages am 4. März im Rahmen einer Begehung des Lagers mit protestierenden Flüchtlingen konfrontiert war, gingen die Lagerverwaltung und die Abgeordneten noch von einer einmaligen Protestaktion aus. Als am Tag danach die Proteste weitergingen und zum ersten Mal in der Geschichte des Lagers mehrere hundert Flüchtlinge die Annahme von Lebensmittelpaketen verweigerten und Geldleistungen forderten, war klar, dass sich der jahrelang gewachsene Unmut Luft verschaffte. Einige Flüchtlinge leben 6, 8, 10 und mehr Jahre im Lager. Die zwei Wochen anhaltenden Protestaktionen waren umso bemerkenswerter, weil es für die beteiligten Flüchtlinge die erste gemeinsame politische Aktion war. Dafür mussten sie Sprachgrenzen überwinden und auch ein scheinbar recht banales Problem, das aber gravierende Auswirkungen hat: Sie haben keinen Raum, in dem sie sich treffen können. Trotzdem gelangen die Proteste. Die sofort verstärkte Polizeipräsenz und die Behauptung des Innenministeriums, Flüchtlinge seien genötigt worden, sich an den Protesten zu beteiligen, wirkten eher reflexartig und hilflos. Die Nervosität der Lagerverwaltung, des Innenministeriums und der Wohlfahrtsverbände war regelrecht greifbar. Während die einen ihren ordnungspolitischen Einfluss schwinden sahen, wurden die anderen damit konfrontiert, dass noch so gute pädagogische Angebote nicht darüber hinweg täuschen können, dass das Leben im Lager das Problem ist und die Lösung des Problems in Form der Auflösung des Lagers auf der Hand liegt.

Die Grenzen pädagogischer Problemlösungen
Die Arbeit der Wohlfahrtsverbände ist ambivalent. Einerseits sind sie Ansprechpartner von Flüchtlingen und helfen in konkreten Lebenssituationen. Allerdings nur, solange das Lagerleben als Ganzes nicht in Frage gestellt wird. Andererseits sind sie in das System finanzieller Transferleistungen von Staats wegen (z.B. Innenministerium) eingebunden. Das Muster ist bekannt: Ein paar Sozialarbeiterstellen ersetzen in letzter Konsequenz auch die deutlich teurere Variante in Form von Kontrollpersonal in der Lagerverwaltung und reduzieren Polizeieinsätze. Die Betreuungs- und Beratungsangebote der Wohlfahrtsverbände (Caritas, Diakonisches Werk, Deutsches Rotes Kreuz) als solche sind durchaus punktuell hilfreich, nur unabhängig sind die Verbände nicht. Sie sind ein Teil des staatlicherseits verordneten Kontrollsystem, wenn auch im Vergleich zu Verwaltung und Ausländerbehörde der angenehmere.

Das Leben im Lager ist ein Alptraum
„Wenn das Leben im Lager zum Alptraum wird“ so nennt der saarländische Flüchtlingsrat seine Aufklärungskampagne, die vor sechs Jahren begann. Erklärtes Ziel dieser Kampagne ist die Abschaffung der Lebensmittelpakete und letztlich die Auflösung des Lagers. Bestenfalls eine vorübergehende Unterbringung von drei Monaten zur Erstorientierung kann sich der Flüchtlingsrat vorstellen.

Wie sieht das Leben im Lager aus?
Konzipiert ist das Lager für rund 1.500 Menschen. Aktuell leben knapp über 800 dort. Der Platz, der den Flüchtlingen zur Verfügung steht, ist dadurch aber nicht wirklich größer geworden. Sie leben auf engstem Raum, vier Menschen in einem Zimmer sind eher die Regel als die Ausnahme. Gekocht wird teilweise noch in Gemeinschaftsküchen, die für mehrere Personen vorgesehen sind. Die medizinische Versorgung ist rudimentär, freie Arztwahl ein unerreichbarer Luxus, regelmäßige Kontrollen der Wohnungen inklusive der Schlafzimmer zu den unterschiedlichsten Tages- und Nachtzeiten gehören ebenso zum staatlichen Repertoire, wie das zweimalige Anstehen für Lebensmittelpakete pro Woche. Frei nach dem Motto: „Gegessen wird, was vom Amt kommt“. Dieses regelmäßige Anstehen hat System. Es dient der Kontrolle jeder Lebensregung und der Verhinderung eines „normalen, alltäglichen Lebens“. Auch Duschen wird zu einem Hindernislauf. In den Wohnungen gibt es keine. Geduscht wird in einem Extra-Haus mit strengen Öffnungszeiten. Wer morgens oder abends duschen will, hat Pech: Geschlossen.

Parlamentarische Mehrheit für Schließung des Lagers.
Nimmt man die Aussagen der Parteien im saarländischen Landtag als bare Münze, dann war die Arbeit des SFR erfolgreich: Eine parlamentarische Mehrheit von SPD, Linken und Grünen ist – gemäß ihres Wahlprogramms – für die Abschaffung der Lebensmittelpakete und mindestens die Reduzierung des Aufenthalts auf 3 Monate. Ein beachtlicher Erfolg der Lobbyarbeit des SFR. Allein die parlamentarische Mehrheit kommt nicht zum Tragen. Wie das? Die Grünen haben sich Ende 2009 für eine Jamaika Koalition mit CDU und FDP entschieden. Und wen wundert’s , dass die Flüchtlingspolitik dem „harten Koalitionspoker“ zum Opfer fiel. Trotzdem: So richtig hinter dem Betrieb des Lagers stehen nicht mehr viele. Die FDP will die Aufenthaltsdauer auf 1 Jahr reduzieren und bei den Lebensmittelpaketen über neue Lösungen nachdenken und auch aus der CDU sind bereits vereinzelt solche Aussagen zu vernehmen. Dies war auch der Tenor in der Anhörung des saarländischen Landtags am 27.Mai 2010. Nachdem der Innenausschuss noch im April beschlossen hatte, dass weder ein Vertreter der kurdischen Gemeinde wegen Beobachtung durch den Verfassungsschutz noch Flüchtlinge aus dem Lager angehört werden sollen, wurde auch dafür eine kluge politische Lösung gefunden: Der Saarländische Flüchtlingsrat, die Aktion 3.Welt Saar und der Deutsch Ausländische Jugendclub Saarbrücken nahmen die zunächst Ausgeschlossenen auf ihren Tickets mit in die Anhörung. Der Ausschluss einer der missliebigen Personen hätte das Rausgehen aller Personen der drei Organisationen aus der Anhörung bedeutet. Dieses Risiko – oder vielleicht nur das öffentliche Tamtam- wollten die CDU, FDP und Grüne dann doch nicht wagen.

Ein Teilerfolg
Alles in allem ist dies ein recht anschauliches Beispiel dafür, wie es gelang, eine zunächst minoritäre Position erfolgreich im offiziellen Politikbetrieb zu verankern und sie mehrheitsfähig zu machen. Aufs Ganze bezogen bedeutet dies keine grundsätzliche Umkehr in der deutschen und europäischen Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen. Es ist ein kleiner Teilerfolg. Nicht mehr und nicht weniger.
Sascha Müller

Hinweis: Das Positionspapier des Saarländischen Flüchtlingsrates, der Aktion 3.Welt Saar und des Deutsch Ausländischen Jugendclubs Saarbrücken zum saarländischen Flüchtlingslager Lebach gibt es unter www.asyl-saar.de , www.a3wsaar.de


Synode will befristeten Aufenthalt in Lebach
Saarbrücker Zeitung, 31. Mai 2010

Speyer/Lebach. Die Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz hat am Samstag mit großer Mehrheit einen befristeten Aufenthalt für Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle in Lebach gefordert. Die Synode bat Innenminister Toscani (CDU) zum Abschluss ihrer Frühjahrstagung in einem Appell, sich im Landtag für eine Befristung einzusetzen, wonach der Aufenthalt neun Monate nicht überschreiten sollte. Ein Daueraufenthalt über Jahre könne unter anderem ein Verstoß gegen den Schutz der Menschenwürde sein. red


Innenministerium bevorzugt für Flüchtlinge weiter Sachleistungen
Saarbrücker Zeitung, 28. Mai 2010

Saarbrücken. Die saarländische Landesregierung will offenbar an dem bisherigen Sachleistungsverfahren für die rund 830 Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle Lebach festhalten. Dies stellte Karin Schmitz-Meßner, Leiterin der Abteilung Staatshoheitsangelegenheiten im Saar-Innenministerium, bei der gestrigen Landtagsanhörung im Ausschuss für Inneres und Datenschutz zur rechtlichen Situation in der Aufnahmestelle klar. Im Normalfall erhält ein Asylbewerber der Landesaufnahmestelle Lebensmittelpakete, Wohnraum, Kleidung und ein monatliches Taschengeld.
Einer völligen Umstellung von Sachleistungen auf Bargeldauszahlungen, wie sie jetzt der Saarländische Flüchtlingsrat, die Aktion Dritte Welt Saar und der Deutsch-Ausländische Jugendclub Saarbrücken in einem gemeinsamen Positionspapier gefordert hatten, erteilte sie eine Absage. Weiter verwies Schmitz-Meßner auf den Jamaika-Koalitionsvertrag. Darin heißt es, dass die Aufenthaltsdauer in Lebach für Flüchtlinge auf maximal ein Jahr zu begrenzen, geprüft werden soll. Darüber hinaus will die Landesregierung die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in den Kommunen prüfen.
Eben dies strebt auch die Landtagsfraktion der Grünen an, wie deren stellvertretende Vorsitzende Claudia Willger-Lambert mitteilte. So lange man sich nicht mit den Gemeinden nicht darüber verständigt habe, wie und ob dies möglich ist, müssten bereits jetzt die Lebensbedingungen in der Landesaufnahmestelle verbessert werden. Willger-Lambert sprach sich dabei für eine freie Wahl von Lebensmitteln und in eigene Duschen für Familien aus.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Stefan Pauluhn, erklärte sich bereit den Vorschlag der Aktion Dritte Welt Saar, einen parteiübergreifenden Runden Tisch einzuberufen, aufzugreifen. Grundidee dieser Runde sei es die Lebensverhältnisse der Flüchtlinge zu verbessern.
Rund 100 Flüchtlinge der Landesaufnahmestelle hatten sich zeitgleich zur Anhörung im Innenausschuss nach Angaben der Polizeiinspektion Alt-Saarbrücken vor dem Landtag in Saarbrücken zu einer Mahnwache versammelt. Auf Plakaten forderten sie etwa die Schließung der Aufnahmestelle. bera


Saarbrücken: Proteste vor dem Landtag
SR-Nachrichten, 27.05.2010

Die Sitzung des Innenausschusses des Landtags, die sich am Donnerstag erneut mit der Situation in der Flüchtlingsaufnahmestelle in Lebach beschäftigte, wurde von Protesten begleitet.
Rund 50 Flüchtlinge protestierten vor dem Landtag gegen ihre
Lebensbedingungen. Sie forderten erneut die zeitliche Begrenzung ihres Aufenthaltes und Geldan Stelle von Sachleistungen.
Die Vertreter von Sozialverbänden und Kirchen unterstützen diese Forderung. Sie argumentierten, dass andere Bundesländer damit positive Erfahrunge gemacht hätten.


Saarbrücken: SPD und Linke unterstützen Forderungen

Die Landtagsfralktionen von SPD und Linken haben ihre Untertstützung für die Forderungen der Flüchtlinge aus der Aufnahmestelle in Lebach nach der Sitzung des Innenausschusses erneuert.
Beide Parteien sprachen sich für eine Begrenzung der Verweildauer in der Stelle und Geld- statt Sachleistungen aus. Die SPD verwies auf die positiven Erfahrungen in Rheinland-Pfalz.
Die Linke forderte zudem, dass die Flüchtlinge ihren Wohnort im Saarland selbst wählen dürfen sollen. Weiter kritisierte die Partei, dass die Unterstützungsleistungen zu niedrig seien.


Saarbrücken: Grüne wollen Einfluss nutzen

Die Grünen im Landtag wollen ihren Einfluss in der Regierungskoalition dafür nutzen, die Bedingungen der Flüchtlinge in der Aufnahmestelle in Lebach zu verbessern.
Die Sprecherin der Fraktion, Wilger-Lambert, sagte, der Aufenthalt in Lebach müsse befristet werden. Auch solle eine dezentrale Unterbringung der Bewohner angestrebt werden.
Eine Umstellung von Sach- auf Geldleistungen würde die
Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Menschen verbessern. Die FDP-Fraktion teilte mit, sie sehe bei den Forderungen Diskussionsbedarf.


Saarbrücken: CDU gegen dezentrale Unterbringung

Die CDU-Landtagsfraktion hat sich gegen die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen ausgesprochen. Dadurch entstünden jährliche Mehrkosten von rund zwei Millionen Euro.
Zudem müsste die Landesaufnahmestelle wegen „bundesgesetzlicher Verpflichtungen“ erhalten bleiben. Die CDU wies darauf hin, dass das Asylverfahren von 500 Bewohnern abgeschlossen sei.
Sie seien ausreisepflichtig, verweigerten aber die freiwillige Ausreise. Da in vielen Fällen keine Ausweispapiere vorlägen, sei eine Rückführung in ihre Heimatländer ohne ihre Hilfe unmöglich.


Kritik an Landesaufnahmestelle
Saarländischer Rundfunk, 27. Mai 2010

Nach einer Anhörung im Landtag zur Landesaufnahmestelle in Lebach sind sich die Fraktionen einig – es muss etwas getan werden. Vor allem die lange Aufenthaltsdauer der Bewohner und die Ausgabe von Essenspaketen werden kritisiert.
Nach einer Anhörung zur aktuellen Situation in der Landesaufnahmestelle in Lebach waren die Grünen, die Linken und die SPD nahezu gleicher Meinung. Claudia Willger-Lambert, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, sagt, die Situation in der Aufnahmestelle sei gerade vor dem Hintergrund eines jahre- bzw. jahrzehntelangen Aufenthaltes teilweise kaum erträglich. Lothar Schnitzler, Mitglied der Linksfraktion, bläst in dasselbe Horn: „Ein dauerhafter Aufenthalt von Asylsuchenden im Flüchtlingslager Lebach grenzt aus, macht krank und verhindert Integration.“ Und auch die SPD und die FDP sehen in den langen Aufenthaltsdauern der Bewohner ein Problem.
Ein weiterer Punkt, der von Linken, Grünen und SPD bemängelt wird, ist die Ausgabe von Essenspaketen an die Asylsuchenden. Stefan Pauluhn (SPD), parlamentarischer Geschäftsführer des Landtages, sagt, diese Form der Ausgabe von Sachleistungen sei „aus humanitären Gründen zu beanstanden“. Lothar Schnitzler von der Linksfraktion ist derselben Ansicht. Flüchtlinge seien keine Menschen „zweiter Klasse“, sie sollten selbst darüber entscheiden können, was sie essen wollen. Auch Claudia Willger-Lambert von den Grünen sieht in der freien Wahl der Lebensmittel eine Stärkung der Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Asylsuchenden. Doch noch im März meinte das Innenministerium, dass die Ausgabe von Essenspaketen die richtige Lösung sei. Früher gab es
stattdessen Geld, was laut Ministerium zu Erpressungen und sogar zu Raubüberfällen in Mitten der Bewohner führte.
Bei der Art der Unterbringung sind die Fraktionen sich nicht einig.
Während die Grünen eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge fordern, will die Linksfraktion die Aufenthaltsdauer in der
Aufnahmestelle lediglich auf drei Monate befristen. Danach sollten die Flüchtlinge ihren Wohnort im Saarland selbst wählen dürfen.

500 Bewohner sind ausreisepflichtig

Die CDU ist da allerdings anderer Ansicht, lediglich 300 von 800
Bewohnern befänden sich noch im Asylverfahren. Bei den anderen 500 sei das Verfahren bereits abgeschlossen und die Betroffenen deshalb ausreisepflichtig. Allerdings verweigerten sie die Ausreise und eine Abschiebung sei aufgrund fehlender Ausweispapiere nicht möglich. Die CDU räumt ein, dass die lange Aufenthaltszeit in Lebach ein Problem darstelle. Es müsse geprüft werden, inwieweit Bewohner, die einer Arbeit nachgehen noch in der Aufnahmestelle bleiben müssten.
In einer dezentralen Unterbringung, wie von den Grünen vorgeschlagen, sieht die CDU keine Vorteile. Nach Angaben der Landesregierung würden die Unterbringungskosten dann um 2 Millionen Euro jährlich steigen.
Deshalb sei die Unterbringung in Lebach vorziehen, gerade Kinder würden dort in einem Kindergarten und anderen Betreuungsangeboten besonders gut begleitet.
In einem weiteren Punkt sind sich CDU, FDP, SPD, Grüne und Linke aber einig. Es besteht Diskussions- und Handlungsbedarf. (js)


Flüchtlinge klagen über Wohnsituation in Aufnahmestelle
Saarbrücker Zeitung, 14.04.2010

Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle Lebach kritisieren unter anderem unangemeldete Kontrollbesuche und die Öffnungszeiten der Gemeinschaftsduschen.

Saarlouis. Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle Lebach haben gestern auf Einladung des Saarländischen Flüchtlingsrats (SFR) vor Medienvertretern auf ihre alltäglichen Probleme in der zentralen Siedlung aufmerksam gemacht. SFR-Vorstandsmitglied Peter Nobert kritisierte zuvor, dass von Seiten der saarländischen Landesregierung und der Landesaufnahmestelle teils behauptet würde, die Flüchtlinge würden sich in der Siedlung wohlfühlen.

„Die Rückmeldungen, die ich kriege, lauten anders: Wer raus kann, geht raus“, sagte Nobert. Viele der anwesenden Flüchtlinge hatten sich im März an den Protesten und der Verweigerung der Lebensmittelpakete in der Landesaufnahmestelle Lebach beteiligt. Unter dem Motto „Jetzt reden wir selbst“ kamen gestern 15 Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern zu Wort.
Der 17-jährige Syrer Delil Ousman erzählte, dass er sich von unangemeldeten Kontrollbesuchen durch den „Hausmeister“ in seinem Privatleben gestört fühle. Zeitweise käme dieser ein Mal pro Woche vorbei. Auch andere anwesende Flüchtlinge sprachen von Kontrollen und der Suche nach unerlaubten Einrichtungsgegenständen, wie zum Beispiel Fritteusen. Als ein Ärgernis wurde von vielen auch die Nutzungseinschränkungen der Gemeinschaftsduschen empfunden. Der 17-jährige Mehmet Baykara aus der Türkei will in der nächsten Woche in einem Saarbrücker Jugendzentrum ein Praktikum beginnen. Wenn er danach in den Abendstunden nach Hause kommt, sind die Duschräume schon abgesperrt, hieß es.
Zur rechtlichen Situation in der Landesaufnahmestelle in Lebach soll es am 27. Mai im saarländischen Landtag eine Anhörung geben. Derzeit steht noch nicht fest, wer angehört wird. Die Namen der Zeugen sollten morgen im Ausschuss für Inneres und Datenschutz bekannt gegeben werden, hieß es. bera


Paketannahme verweigert
Jungle world, 1. April 2010
In einigen Flüchtlingslagern im Saarland und in Bayern regt sich Widerstand gegen die Versorgung mit Lebensmittelpaketen und die desaströse Wohnsituation. Der Staat reagiert mit Ablehnung und Repression, aber auch kleinen Reformen.
von Matthias Lehnert

Die Menschen in Lebach sind stolz auf ihre 1.100 Soldaten des Fallschirmjägerbataillons 261. Dieses Bild zumindest vermittelt der offizielle Internetauftritt des kleinen Städtchens mitten im Saarland, in dem diese Einheit der Bundeswehr-Luftlandebrigade 26 stationiert ist. Der frühere Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Hans-Georg Wagner, hatte einst gar von der »bundeswehrfreundlichsten Stadt Deutschlands« gesprochen. Weniger freundlich tritt man hingegen denjenigen Menschen gegenüber, die in einer anderen Institution in Lebach untergebracht sind: dem Flüchtlingslager, wo derzeit etwa 850 Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge leben. Bis zu vier Menschen, die sich zumeist vorher nicht kannten, wohnen hier, vielfach über mehrere Jahre, in kleinen Zimmern zusammen. Mehr als zwei Etagenbetten, einen Spind, einen Tisch mit vier Stühlen und einen Kühlschrank hat die Raumeinrichtung nicht zu bieten. Viele der Migranten besitzen keine Arbeitserlaubnis. Das Essen wird zugeteilt, zweimal wöchentlich gibt es ein Paket mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln.
Als der Innenausschuss des Saarländischen Landtags Anfang März das Lager besuchte, nahm dies ein Großteil der Bewohner zum Anlass, gegen diese Art der Versorgung zu protestieren. Seitdem verweigern viele von ihnen die Annahme der Lebensmittelpakete. Sie fordern Geldleistungen, um selbstbestimmt einkaufen zu können. Denn die Pakete sind kaum auf die Ernährungsgewohnheiten der Menschen zugeschnitten und bestehen nur aus Grundnahrungsmitteln und Konserven. Zudem sei, Berichten von Flüchtlingen zufolge, die Versorgung in den vergangenen Jahren immer schlechter und eintöniger geworden. Mittlerweile ist der Boykott etwas abgeflaut, vorwiegend deshalb, weil die meisten Betroffenen keine andere Wahl haben, wie Roland Röder, der für die »Aktion 3. Welt Saar« im Vorstand des Saarländischen Flüchtlingsrats sitzt, berichtet: »Die meisten haben keine anderen Möglichkeiten, sich zu versorgen, und irgendetwas müssen sie schließlich essen.«
Auch in Bayern regte sich in den vergangenen Wochen Widerstand. Dort erstrecken sich die Flüchtlingsproteste auf insgesamt neun Lager in sieben Städten. Allein in Augsburg haben sich inzwischen 126 Menschen aus drei Unterkünften dem Boykott angeschlossen. Weder hier noch in Lebach beschränken sich die Protestierenden auf die mangelhafte Versorgung. Sie fordern außerdem eine Verkürzung der Aufenthaltsdauer in den Lagern, die Abschaffung der Residenzpflicht und eine generelle Arbeitserlaubnis. Gegenstand der Kritik sind nicht zuletzt die unwürdigen Wohnbedingungen und die vielen Repressalien durch die Behörden. Verschimmelte Bäder oder kaputte Fenster sind keine Ausnahme. Ein Bewohner des Lagers in Lebach berichtete auf einer Pressekonferenz des Saarländischen Flüchtlingsrates im März, dass er die Duschen nicht nutzen könne, da diese nur zu bestimmten Zeiten geöffnet seien, zu denen er aber arbeiten müsse.
Vor allem Migranten mit unsicherem Aufenthaltsstatus haben große Hemmungen, noch so desaströse Zustände anzuprangern, sind sie doch der Behördenwillkür ganz besonders ausgesetzt. Sie müssen Angst haben, mit einer Auflehnung weitere Gängelung zu provozieren. Zudem erschweren die Sprachbarrieren zwischen den Betroffenen selbst, die dezentrale Anordnung der Unterkünfte und deren isolierte Lage einen lagerübergreifenden Widerstand. Die selbstorganisierten Proteste der Flüchtlinge kamen daher für viele überraschend.
Um weitere Dynamiken zu unterbinden, reagierten die Behörden in Lebach sofort. Eine Rangelei zwischen Migranten während der Proteste diente dabei als Vorwand, um die Polizeipräsenz rund um das Lager zu erhöhen – mit dem gewünschten Effekt: »Viele Migranten haben in ihren Herkunftsländern schlimme Erfahrungen mit der Polizei gemacht und werden so ganz besonders eingeschüchtert«, sagt Röder. Der Staatssekretär des saarländischen Innenministeriums, Georg Jungmann, sprach denn auch von einer »Eskalation der Gewalt« und führte diese als Grund an, warum man keine Geldleistungen einführen könne. Denn diese würden dazu führen, dass sich die Flüchtlinge untereinander beraubten und erpressten.
Immerhin haben die Proteste bereits jetzt die Situation in den Lagern einer breiteren Öffentlichkeit vor Augen geführt und das Thema auf die politische Tagesordnung gesetzt. So hat die SPD-Fraktion im saarländischen Landtag eine Verkürzung des Lageraufenthalts auf drei Monate gefordert. Ob auch die regierende Jamaika-Koalition so weit gehen möchte, ist zwar nicht sicher, Röder aber erwartet, dass die Lebensmittelpakete für das Saarland abgeschafft werden und die Dauer des Lageraufenthalts erheblich verringert wird.
Der Sozialausschuss des Bayerischen Landtags hat unterdessen die Residenzpflicht für Asylsuchende zumindest teilweise gelockert. Die Betroffenen sollen sich nicht mehr nur in ihrem Landkreis oder ihrer Stadt, sondern in dem gesamten Regierungsbezirk ohne zusätzliche Erlaubnis bewegen dürfen. Bis die Änderungen in Kraft treten, kann es jedoch noch einige Monate dauern. Vorher muss nämlich noch der Landtag zustimmen und das Innenministerium eine entsprechende Verordnung erlassen.
Für die zweite Betroffenengruppe, die geduldeten Flüchtlinge, wird sich wiederum vorerst nichts ändern. An der Praxis der bayerischen Ausländerbehörden, deren Residenzpflicht auf den Landkreis zu beschränken, wird nicht gerüttelt. Eine generelle Abschaffung der Residenzpflicht wäre überdies ohnehin Sache des Bundes. Derzeit läuft dazu eine Massenpetition, ob sich aber der Bundestag der Forderung anschließen wird, ist unsicher.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will auch weiterhin an der Unterbringung der knapp 8.000 Menschen in den 118 Lagern in Bayern festhalten und sperrt sich – trotz des Gegenwindes aus den eigenen Reihen – gegen eine grundsätzliche Debatte über die humanitäre Situation von Flüchtlingen. Die politisch Verantwortlichen können die unwürdigen Bedingungen dabei noch nicht einmal finanziell rechtfertigen. In Lebach wird zum Beispiel die Versorgung mit Lebensmitteln von einer Firma besorgt, die im etwa 400 Kilometer entfernten Bamberg sitzt, was neben dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand erhebliche Mehrkosten mit sich bringt. Allein aus diesem Grund werden in an­deren Bundesländern die Leistungen in Bargeld ausbezahlt. Auch würde einem Gutachten des bayerischen Flüchtlingsrats zufolge die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen in Bayern zu Einsparungen von jährlich 13,6 Millionen Euro führen.
Innenminister Herrmann rechtfertigt die Lager hingegen damit, dass es strikter Regeln bedürfe, um die »Bereitschaft zur Rückkehr« nicht anerkannter Asylsuchender zu begünstigen. Diese Abschreckungsmethode pries bereits Lothar Späth in den achtziger Jahren, als er Ministerpräsident in Baden-Württemberg war: »Die Buschtrommeln sollen schon in Afrika signalisieren: Kommt nicht nach Baden-Württemberg, dort müsst ihr ins Lager.« Dieses Regime der mehr als 1.300 Lager in Deutschland fördert – zusammen mit der Re­sidenzpflicht, den niedrigen Sozialleistungen und weiteren Instrumenten des staatlichen Rassismus – vor allem eins: den Ausschluss der Betroffenen aus der Gesellschaft. Durch die Proteste sind die Migranten jedenfalls etwas sichtbarer geworden.


1-Euro-Spende soll Peter Müller zum Reden bringen
Saarbrücker Zeitung, 23.03.2010

Saarbrücken. Üppige Parteispenden aus der Hotelbranche, üppige Spenden von FDP-Kreisvorsitzenden an die Grünen, Gespräche gegen Geld mit den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Sachsen – seltsame Ereignisse machten zuletzt Schlagzeilen.Sind unsere Politiker käuflich? Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) will das jetzt genau wissen und probiert es einfach aus. Einen Euro hat der SFR dieser Tage an die CDU Saar überwiesen – um mit Ministerpräsident Peter Müller (Foto: dpa) ins Gespräch zu kommen.
Seit elf Monaten wartet der SFR nach eigener Aussage auf einen Terminvorschlag aus der Staatskanzlei. Er will über Verbesserungen in der Asylpolitik reden. Weil Müller bisher für einen Termin nicht zur Verfügung stand, vertraut SFR-Vorstand Peter Nobert nun auf die Macht des Geldes: „Im Gegensatz zu Ostermann erwarten wir selbstverständlich eine Gegenleistung. Andernfalls lohnt sich die Spende nicht.“ tho


Flüchtlingsproteste gegen Lebensmittelpakete in Lebach flauen ab
Evangelischer Pressedienst, 18.03.2010

Lebach/Saarbrücken (epd). Die seit mehr als einer Woche anhaltenden Flüchtlingsproteste in der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge im saarländischen Lebach flauen ab. Die Bewohner setzten ihren Boykott der Lebensmittelpakete nach Angaben des saarländischen Flüchtlingsrates zwar auch am Freitag fort. Allerdings meldete das saarländische Innenministerium in Saarbrücken, dass 315 Flüchtlinge ihre Lebensmittel in Empfang genommen hätten. Am Mittwoch waren lediglich 143 anstatt der üblichen 400 Pakete ausgegeben worden. Nach Angaben des Innenministeriums waren für die Dauer der Essenausgabe mehr Polizisten im Flüchtlingslager im Einsatz. Die Bewohner müssten vor Einschüchterungen oder tätlichen Angriffen geschützt werden. Am Mittwoch war es bei Demonstrationen zu Drohungen gegen Flüchtlinge gekommen, die sich nicht dem Boykott anschließen wollten. Ein Mann wurde angegriffen.Die Bewohner der Landesaufnahmestelle Lebach werden nach Ministeriumsangaben zweimal wöchentlich mit Lebensmitteln versorgt. Darunter sei frisches Obst und Gemüse, Salat, frisches Brot, Fleisch und Fisch. Die Pakete würden auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Religionen und Herkunftsgebiete abgestimmt. Derzeit seien zwölf Kostarten im Angebot. Der saarländische Flüchtlingsrat forderte eine Abkehr vom „überholten Sachleistungsprinzip“. Die Menschen wollten selbst bestimmen können, was sie für ihre Familien einkaufen. Dies sei die Botschaft der Proteste im Lager Lebach. In scharfer Form kritisierte Roland Röder vom Vorstand des saarländischen Flüchtlingsrates die Aussage von Innenstaatssekretär Georg Jungmann (CDU), mehr Geldleistungen führten zu einer „Eskalation der Gewalt“. Röder warf dem Politiker kollektive Verleumdung und mangelnden politischen Sachverstand vor.
Lebacher Flüchtlingslager vor Veränderungen?SR-Bericht, 16.03.2010Das Flüchtlingslager Lebach hat in der vergangenen Woche für reichlich Negativschlagzeilen gesorgt. Am Dienstag hat ein Informationsgespräch des Innenministeriums stattgefunden. Demnächst soll es im Landtag eine Anhörung zur Situation im Lager geben. (16.03.2010) Im Flüchtlingslager sind zurzeit 830 Flüchtlinge untergebracht. Den Bewohnern bleiben pro Person nur sechs bis acht Quadratmeter Wohnraum, in der Regel gibt es Zweibettzimmer. Geduscht werden darf nur in festgelegten Zeiträumen. Außerdem gibt es Essenspakete für die
Bewohner, d.h. sie können sich ihre Lebensmittel nicht selbst einkaufen, sondern müssen essen, was im Paket zusammengestellt wurde.
Genau gegen diese Dinge gab es in der vergangenen Woche Proteste der Bewohner. Dabei wurde bei einer Auseinandersetzung eine Person verletzt.

Polizei ermittelt auch wegen Nötigung

Nun ermittelt die Polizei. Jedoch nicht nur wegen Körperverletzung, sondern wohl auch wegen Nötigung: In der Nacht vor den Protesten soll es Einschüchterungen gegeben haben. Junge Männer sollen durch das Lager gezogen sein und denen Schläge angedroht haben, die am Tag darauf ihre Essenspakete abholen wollten. „Es sind hier Drucksituationen entstanden, das hat uns sehr nachdenklich gemacht, ob wirklich das, was vorgeschoben wird, Meinung ist, oder ob man in Wirklichkeit andere Ziele verfolgt“, sagt der Staatssekretär der CDU, Georg Jungmann. Er selbst erinnere sich noch an Zustände, die es vor dem Asylbewerbergesetz gab, als die Bewohner noch Geld statt Sachleistungen bekommen hätten. Damals seien Bewohner von Banden abkassiert worden. Jamaika-Koalition will über Auflösung des Lagers nachdenken Die Jamaika-Koalition hat vereinbart, die Auflösung des Lagers von Lebach zu überprüfen. Eine Anhörung im Landtag ist bereits geplant. Das Ergebnis sei offen, betont Jungmann. Er persönlich ist aber ein Lagerbefürworter: „Wenn man sieht, dass hier in Lebach die Migrantenkinder mehr und bessere Schulabschlüsse machen als sonstwo, würde ich mir sehr genau überlegen, ob diese Einrichtung aufgelöst werden soll.“ Geplante Veränderungen FDP und Grüne fordern eine Veränderung im Lager. Sie wollen das Lager zumindest verkleinern.
Außerdem soll die Aufenthaltsdauer gekürzt werden. Einige Flüchtlinge leben bereits seit über zehn Jahren im Lager.
Landtag plant Anhörung zu Landesaufnahmestelle Saarbrücker Zeitung, 16.3.2010 Saarbrücken. Der Innenausschuss des Landtags will die Verhältnisse in der Landesaufnahmestelle in Lebach prüfen. Das kündigte CDU-Fraktionschef Klaus Meiser gestern für die Regierungsparteien CDU, FDP und Grüne an. In einer Anhörung sollen dann der Innenminister, die Städte und Gemeinden, die Kreise und die Wohlfahrtsverbände zu Wort kommen. Im Koalitionsvertrag ist unter anderem eine verkürzte Aufenthaltsdauer im Lager als Prüfauftrag festgeschrieben worden. Vergangene Woche hatten Asylbewerber in der Landesaufnahmestelle gegen die dortigen Zustände protestiert. pg


Lebach: Flüchtlingsrat kritisiert Jungmann
SR, 12.03.2010 16:58

Der Saarländische Flüchtlingsrat hat Innenstaatssekretär Jungmann wegen der Proteste in der Lebacher Aufnahmestelle kritisiert. Seine Reaktion zeige „mangelnden politischen Sachverstand“. Statt dialogorientierte Problemlösungen im Interesse der Flüchtlinge zu suchen, verlange er nach mehr Polizei. Die Proteste beschränkten sich nicht auf eine kleine Gruppe von Flüchtlingen. Sie würden von mehreren Hundert Menschen getragen. Der Flüchtlingsrat forderte erneut die Umstellung von Sach auf Geldleistungen. Dies hatte Jungmann abgelehnt.


Staatssekretär dementiert Flüchtlingsrat-Aussagen
Saarbrücker Zeitung, 12.03.2010

Saarbrücken. Innenstaatssekretär Georg Jungmann (CDU) hat die Behauptung des saarländischen Flüchtlingsrates (SFR) zurückgewiesen, dass Wohnungen in der Landesaufnahmestelle in Lebach nach selbst eingekauften oder nicht verzehrten Lebensmitteln durchsucht würden und die Ausgabe von Lebensmittelpaketen gegebenenfalls ausgesetzt werde.
Die Lebensmittelpakete seien ein Angebot, auf das die Flüchtlinge von Rechts wegen Anspruch hätten, so Jungmann. „Verzichtet jemand freiwillig auf das Angebot des Staates, zieht dies keine Sanktionen nach sich.“ red


Jusos Saar: Mehr Selbstbestimmung und bessere lebensbedingungen für Flüchtlinge in Lebach

12.03.10 Die saarländischen Jungsozialisten fordern mehr Selbstbestimmung und bessere Lebensbedingungen für Flüchtlinge in der landesaufnahmestelle Lebach. „Die Zustände im Lager sind für die Flüchtlinge unzumutbar.
Vor allem die Aufenthaltszeiten sind dort viel zu lange. Das ist inhuman,“ so Sebastian Thul, Vorsitzender der Jusos Saar. Nach
Auffassung der Jusos Saar sollen insbesondere auch Geldleistungen statt Sachleistungen ausgegeben werden, wie es in vielen anderen Bundesländern der Fall ist. Die Argumentation des saarländischen Innenministers, die Zahlung von Geldleistungen würde zu Erpressungen innerhalb der Siedlung führen, gehe an der Problematik vorbei. Die Ausgabe von Lebensmittelpaketen und die damit verbundene bürokratische Gängelung sind entmündigend. Zudem sei dieses System teurer als die Zahlung von Geldleistungen und diene allein der Repression ankommender Flüchtlinge. „Integration und echte Flüchtlingshilfe sehen anders
aus“, so Thul weiter. Zudem fordern die Jusos Saar eine Abschaffung des Systems der so genannten Kettenduldung. „Das Leben in Duldung ist geprägt von Perspektivlosigkeit und der Gefahr, jederzeit abgeschoben zu werden. Hier muss es ein gesichertes Bleiberecht für Flüchtlinge geben, die schon mehrere Jahre in Deutschland wohnen, um eine echte gesellschaftliche Teilnahme zu ermöglichen“, so Jan Henrich, integrationspolitischer Sprecher der Jusos Saar.


Grüne bedauern Eskalation in Landesaufnahmestelle
11.3.2010 Presseerklärung Bündnis 90/Die Grünen Saar

Zu den Protesten der Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle in Lebach, bei der gestern ein Mann verletzt wurde, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Claudia Willger-Lambert: „Es müssen Lösungen gefunden werden, die die humanitäre Situation der Flüchtlinge verbessern. Dies darf jedoch nicht zu Lasten anderer Flüchtlinge gehen. Wir haben Verständnis dafür, dass die Betroffenen auf ihre Probleme aufmerksam machen. Wir hoffen aber, dass es nicht zu weiteren Eskalationen kommt.“
Zwischen den Koalitionspartnern sei vereinbart worden, die Situation der Flüchtlinge sachlich zu überprüfen und schnellstmöglich praktikable Lösungen für diese zu finden. Das weitere Vorgehen und die notwendigen Verfahren hierzu würden derzeit abgestimmt. Es werde dabei auch die Umstellung der Sach- auf Geldleistungen geprüft werden. Willger-Lambert: „Hier leben viele unterschiedliche Nationalitäten auf engstem Raum. Deren individuelle Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden.“. Wichtig sei auch, die Kommunen mit ins Boot zu nehmen, um insbesondere die Möglichkeit der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge zu überprüfen. Die Wohnverpflichtung in der Landesaufnahmestelle müsse aus Sicht der Grünen-Landtagsfraktion aufgehoben werden. Falls dies nicht möglich sei, solle zumindest die Verweildauer erheblich verkürzt werden. „Wir kennen die Probleme der Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle und stellen derzeit alle Lösungsmöglichkeiten auf den Prüfstand. Wir setzen uns dafür ein, dass es hier zügig zu Verbesserungen kommt.“ erklärte Willger-Lambert abschließend.


Vorfälle im Flüchtlingslager Lebach beschäftigt Landtag
B2B – Saarland, 11.03.2010, 17:39 Uhr
Jüngst war es bei der Lebensmittelausgabe zu Gewalttätigkeiten gekommen

Die tätlichen Übergriffe in der Flüchtlingsaufnahmestelle in Lebach sollen nun auch den Landtags-Innenausschuss beschäftigen. Es könne nicht sein, dass sich Menschen, die ihr Heimatland verlassen,weil sie dort an Leib und Leben bedroht seien, in Deutschland neuen Repressalien ausgesetzt seien, sagte der CDU-Innenpolitiker Günter Becker am Donnerstag in Saarbrücken. Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung am Rand einer Protestaktion im Flüchtlingslager sollen am Mittwoch zwei irakische Bewohner einen Afghanen geschlagen und dabei leicht verletzt haben.
Die Saar-Grünen bedauerten den Zwischenfall. Es müssten nun dringend Lösungen zur Verbesserung der humanitären Situation der Flüchtlinge gefunden werden, sagte die Abgeordnete Claudia Willger-Lambert. Sie verwies darauf, dass sich die schwarz-gelb-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag darauf verständigt hatte, eine Umstellung der bisherigen Sachleistungen auf Geldleistungen zu prüfen. Zudem sollte eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in Kommunen geprüft werden.
Am Mittwoch hatten sich 50 bis 60 Personen an der Ausgabestelle versammelt, um demonstrativ die Annahme von Lebensmittelpaketen zu verweigern. Sie forderten die Umstellung auf Geldleistungen, um sich selbst mit Lebensmitteln versorgen zu können. Diese Forderung wird auch vom Saarländischen Flüchtlingsrat (SFR) unterstützt.
Nach dem Zwischenfall hat die Polizei angekündigt, ihre Präsenz in Lebach zu erhöhen. In der Aufnahmestelle leben zur Zeit etwa 900Flüchtlinge.


Saarländischer Flüchtlingsrat unterstützt Protestaktion in Aufnahmelager in Lebach
Trading-House-Net, Mittwoch, 10.03.2010 | 04:04 Uhr
Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) unterstützt die Protestaktionen von Flüchtlingen der zentralen Aufnahmestelle Lebach (Landkreis Saarlouis).

Die Bewohner hätten beschlossen, die Annahme von Lebensmittelpaketen zu verweigern, sagte SFR-Vorstandsmitglied Peter Nobert der Nachrichtenagentur ddp in Saarlouis. Bei der Protestaktion vor der Paketausgabe in Lebach am Mittwoch (9.00 Uhr) seien auch Vertreter des Rates dabei. Grund für den Unmut der über 900 in Lebach untergebrachten Flüchtlinge sei die Praxis der Ausgabe von Lebensmittelpaketen statt Geldleistungen. Die Pakete enthielten nebenKonserven und Grundnahrungsmitteln nichts Frisches, sagte Nobert. Die Flüchtlinge wollten Geld, um «selbst bestimmen können, was sie für sich und ihre Familien einkaufen.» Zudem würden die Pakete aus dem über 400 Kilometer entfernten Bamberg (Bayern) ins Saarland geliefert.«Das ist mit erheblichem Verwaltungsaufwand und Mehrkosten verbunden», sagte Nobert.
Die Proteste würden seit dem Besuch des Innenausschusses des Landtages vor einer Woche andauern, so Nobert. Ein Bewohner des Flüchtlingsheims habe berichtet, dass er wegen der «bürokratischen Gängelung» in der Unterkunft etwa sein Aquarium abschaffen musste und die Duschen dort nicht benutzen könne, weil er zu deren Öffnungszeiten arbeite. Der SFR forderte die Landesregierung auf, die Proteste ernst zu nehmen und vom Sachleistungsprinzip abzurücken.
Wie Nobert sagte, kam es bisher noch zu keiner Reaktion seitens der Politik. Vertreter der Landesregierung prüften derzeit noch, ob die verpflichtende Verweildauer der Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle verkürzt werden könne. Bei der nächsten Ausgabe von Essenspaketen am Freitag werde es zu erneuten Protesten kommen,sagte Nobert. ddp/prm/lyh
Explosive Stimmung im Flüchtlingslager Rheinpfalz, 11. März 2010Iraker attackieren Afghanen in Lebach – Hintergrund sind Proteste gegen Lebensmittelausgabe.
LEBACH (cps). 826 Flüchtlinge sind aktuell in der zentralen Aufnahmestelle des Saarlandes, im Lager Lebach, untergebracht. Die Stimmung ist explosiv. Gestern kam es zu einem tätlichen Übergriff zweier Iraker gegen einen Afghanen. Das Innenministerium spricht von einem Klima der Angst, das im Lager herrscht.
Hintergrund des Vorfalles gestern sind seit einer Woche anhaltende Proteste von Lagerbewohnern. 50 Asylbewerber, vorwiegend Männer, beteiligten sich an einer Demonstration, die sich gegen die Ausgabe von Lebensmittepaketen richtet. Die Demonstranten fordern statt Sachleistungen Bargeld, um sich selbst versorgen zu können. Laut Polizei attackierten die zwei Iraker den Afghanen, nachdem dieser sein Essenspaket entgegengenommen hatte. Nach einem Schlag ins Gesicht erlitt er eine leichte Verletzung. Innenstaatssekretär Georg Jungmann (CDU) verurteilte den Vorfall scharf. Es müsse sichergestellt werden, dass Flüchtlinge freien Zugang zu den Ausgabestellen haben. Es sei bekannt, dass im Vorfeld der gestrigen Tat Familien, die Pakete annehmen wollten, von Lagerinsassen bedroht wurden. Die Polizei ermittelt.

Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) hatte sich vergangene Woche hinter die Protestaktion gestellt, die Forderung nach Geld- statt Sachleistungen unterstützt. Die zweimal in der Woche ausgegebenen Pakete enthielten neben Konserven und Grundnahrungsmitteln nichts Frisches, sagte SFR-Vorstandsmitglied Peter Norbert. Die Flüchtlinge wollten Geld, um „selbst bestimmen können, was sie für sich und ihre Familien einkaufen“. Der Flüchtlingsrat spricht sich gegen die seit 1993 gängige saarländische Praxis aus, kein Geld auszugeben. Das Innenministerium sieht sich darin durch den gestrigen Vorfall bestätigt. Es müsse verhindert werden, dass schwächere Asylbewerber „abgezockt“ werden.

Im Lager Lebach sind derzeit Flüchtlinge aus 30 Herkunftsländern untergebracht. Die Demonstranten beschweren sich auch über bürokratische Gängelung.


Protest in Asylunterkunft: Koalition sucht Lösungen
Rhein-Main-Presse online, 11. März 2010

Lebach (dpa/lrs) – Nach dem gewalttätigen Protest gegen die Ausgabe von Lebensmittelpaketen in einer Asylbewerberunterkunft im saarländischen Lebach wird eine Umstellung auf Geldleistungen geprüft. Das kündigte die innenpolitische Sprecherin der Grünen- Landtagsfraktion, Claudia Willger-Lambert, am Donnerstag in einer Mitteilung an. Zwischen den Koalitionspartnern CDU, FDP und Grünen sei vereinbart worden, die Situation der Flüchtlinge «sachlich zu überprüfen und schnellstmöglich praktikable Lösungen für diese zu finden». Am Mittwoch war ein Mann ins Gesicht geschlagen worden, als rund 50 Bewohner erneut Geld- statt Sachleistungen forderten.


Proteste gegen Lebensmittelpakete im Lager Lebach gehen weiter
Evangelischer Pressedienst, 10. März 2010

Lebach (epd). Mehrere hundert Flüchtlinge haben am Mittwoch in derzentralen Aufnahmestelle Lebach ihre Proteste gegen die Ausgabe vonLebensmittelpaketen fortgesetzt. Von den etwa 400 Lebensmittel- und Hygienepaketen seien nur 143 abgeholt worden, sagte eine Sprecherindes saarländischen Innenministeriums dem epd. Einer der Flüchtlingesoll von Demonstranten tätlich angegriffen worden sein.


Protest gegen Lebensmittelpakete
Rund 50 Flüchtlinge prangern Bevormundung in Landesaufnahmestelle Lebach an
Saarbrücker Zeitung, 11. März 2010
Flüchtlinge haben gestern mehr Selbstbestimmung in der Landesaufnahmestelle Lebach eingefordert: Weil sie nicht selbst darüber entscheiden können, was sie essen und die verteilten Lebensmittelpakete kaum Abwechslung böten.
Von SZ-Mitarbeiter Benjamin Rannenberg

Lebach. Gegen Lebensmittelpakete und für mehr Selbstbestimmung in der Landesaufnahmestelle in Lebach haben gestern rund 50 Flüchtlinge demonstriert. Auf Plakaten brachten die Menschen ihre Unzufriedenheit mit den Zuständen in der Flüchtlings-Siedlung zum Ausdruck. „Lebensmittelpakete sind Zwang“, „Warum bestimmt der Staat, was wir essen wollen?“ und „Dauerduldung macht krank“ lauteten die Botschaften. Die Flüchtlinge kritisieren, dass sie durch die vorgefertigten Lebensmittelpakete bevormundet würden und die Pakete zudem keine abwechslungsreiche Ernährung ermöglichten. Bereits in der vergangenen Woche hatten mehrere Flüchtlinge die Annahme ihrer Lebensmittelpakete verweigert, wie der saarländische Flüchtlingsrat (SFR) mitteilte. Die Protestaktion in Lebach unterstützten Vertreter des SFR und des Integrationsbeirates der Stadt Saarbrücken. Wie die Polizei mitteilte, wurde während des gestrigen Protests ein 40-jähriger Afghane, der sein Essenspaket abgeholt hatte, von zwei protestierenden Männern angegriffen und leicht verletzt. Die Polizei mutmaßt, dass die zwei Angreifer irakischer Herkunft in dem Afghanen einen „Streikbrecher“ sahen. Die Polizei kündigte an, ihre Präsenz in der Siedlung künftig zu verstärken. Nach Darstellung des Innenministeriums seien mehrere Flüchtlinge, die nicht an den Protesten in Lebach teilnahmen, bedroht und eingeschüchtert worden. Bereits im Vorfeld seien Drohungen gegen Familien ausgesprochen worden. Der saarländische Innenstaatssekretär Georg Jungmann (CDU) kritisierte, dass eine kleine Bewohnergruppe andere eingeschüchtert und tätlich angegriffen habe, um eigennützige Interessen durchzusetzen. Deshalb sei der Entschluss der früheren CDU-Landesregierung richtig gewesen, statt größerer Bargeld-Summen Lebensmittelpakete und ein Taschengeld auszugeben. Bereits damals habe es Anhaltspunkte gegeben, dass Flüchtlingen das Bargeld von anderen Siedlungsbewohnern abgenommen worden sei. Nach Angaben des Innenministeriums werden normalerweise rund 400 Lebensmittelpakete ausgegeben. Seit Beginn der Proteste in der vergangenen Woche sank die Anzahl der ausgegebenen Pakete auf 164 am Freitag beziehungsweise 143 am gestrigen Mittwoch. Das Innenministerium führt dies auf die Einschüchterungen der Protestierenden zurück. SFR-Vorstandsmitglied Waltraud Andruet sagte, dass die Flüchtlinge in Lebach durch Angestellte der Siedlungsverwaltung „gegängelt“ würden. So würden die Wohnungen der Flüchtlinge etwa nach selbst eingekauften Lebensmitteln oder nicht verzehrten Nahrungsmitteln aus den Paketen durchsucht. Würde man fündig, habe dies zur Folge, dass die Lebensmittelpakete gestrichen würden.

HINTERGRUND
Minderjährige Flüchtlinge, die ohne Angehörige ins Saarland kommen, sollen grundsätzlich in Jugendhilfeeinrichtungen unterkommen. Dafür setzt sich der Deutsch-Ausländische Jugend-Club (DAJC) in Saarbrücken ein. Bislang, so Irene Krohn vom DAJC, könnten Jungen vom 14. und Mädchen vom 16. Lebensjahr an in Gemeinschaftsunterkünften der Landesaufnahmestelle in Lebach untergebracht werden. „Gerade Jugendliche brauchen aber besondere Betreuung“, sagt Krohn, im Saarland würden sie jedoch rechtlich mit Erwachsenen gleichgestellt. Der DAJC ist seit 30 Jahren in der Jugendhilfe tätig und kümmert sich auch um Kinder und Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland einreisen. red
r sich nicht am Boykott beteiligen wollte. Andere Boykottunwillige wurden nach Ministeriumsangaben bedroht. Nach den Maßgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten die knapp 1.000 Bewohner des Lagers Lebach zwei Mal pro Woche Grundnahrungsmittel und sonstige Bedarfsartikel als Sachleistung. Das Vorstandsmitglied desSaarländische Flüchtlingsrates, der Rechtsanwalt Peter Nobert, erklärte, die Lebensmittel-Pakete enthielten nur Konserven und Grundnahrungsmittel. Die Flüchtlinge wollten selbst bestimmen, was sie für ihre Familien einkaufen.
Die Versorgung mit Lebensmittelpaketen sei in den letzten Jahren immer eintöniger und qualitativ schlechter geworden, sagte einer der demonstrierenden Bewohner der Aufnahmestelle dem epd. Mittlerweile würden kaum noch Eier und keine Butter mehr verteilt, dafür regelmäßig Dosen mit Rotkohl oder Roter Bete, die keiner der Flüchtlinge essen wolle. Es gebe zwar je nach Herkunftsregion unterschiedlich gekennzeichnete Pakete für Europäer, Chinesen oder Orientalen. „Aber letztendlich ist überall das gleiche drin“, sagte der Mann.
Die Flüchtlinge fordern ein Ende des Sachleistungsprinzips, die Auszahlung von Geldleistungen sowie eine Verkürzung der Aufenthaltsdauer in der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge auf drei Monate. Weitere Beschwerden betreffen die teilweise jahrelange Aufenthaltsdauer und „bürokratische Gängelung“ bei der Nutzung derDuschen.
Die Überprüfung der Situation in der zentralen Aufnahmestelle Lebach ist im Koalitionsvertrag der saarländischen schwarz-gelb-grünen Landesregierung festgeschrieben worden. Nach Angaben des Innenministeriums sei jedoch nicht mit einer raschen Umstellung von Sach- auf Geldleistungen zu rechnen.


Bewohner bei Protestaktion in Flüchtlingslager Lebach leicht verletzt
ddp, 10. März 2010, 19.04 Uhr

Bei der Ausgabe von Lebensmittelpaketen im zentralen Flüchtlingsheim Lebach (Landkreis Saarlouis) ist es am Mittwoch zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung gekommen. Dabei sollen zwei irakische Bewohner einen Afghanen geschlagen und leicht verletzt haben, teilte die Polizei am Mittwoch in Lebach mit. Hintergrund war vermutlich dieProtestaktion der Flüchtlinge gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Versorgung durch Sachleistungen. Am Mittwochmorgen hatten sich etwa 50 bis 60 Personen an der Ausgabestelle versammelt, um demonstrativ die Annahme der Lebensmittelpakete zu verweigern. Sie fordern Geld statt Sachleistungen, um sich auch frische Lebensmittel kaufen zu können. Die Polizei vermutet, dass die beiden Bewohner den Mann bestrafen wollten, weil er trotz der Proteste zur Essensausabe gegangen war. Eine Vertreterin des Saarländischen Flüchtlingsrats (SFR), der die Proteste grundsätzlich unterstützt, sagte auf ddp-Anfrage, es sei wohl aufgrund der gereizten Stimmung in der Einrichtung zu dem Streit gekommen. Da in dem Lager auch viele Familien mit Kindern wohnten, sei ein Großteil der Bewohner weiterhinauf die Lebensmittelpakete angewiesen. Es sei aber weiterhin eine «große Solidarität unter den Bewohnern» vorhanden und die Proteste würden trotz des Vorfalls auch am Freitag fortgeführt. Gegen die beiden irakischen Flüchtlinge wurde ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet. Die Polizei hat zudem angekündigt, aufgrund des Vorfalls zukünftig in der Landesaufnahmestelle stärker präsent zu sein.


Lebach: Mann bei Protesten verletzt
SR 3, 10. März 2010, 18:44

Bei Flüchtlingsprotesten in der Lebacher Landesaufnahmestelle ist es zu Handgreiflichkeiten gekommen. Nach Polizeiangaben wurde ein afghanischer Staatsangehöriger leicht verletzt. Zwei Männer griffen ihn an, weil er sich nicht am Boykott der Essenspakete beteiligte. Gegen die beiden Angreifer wurden Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet.
Die Polizei hat inzwischen ihre Präsenz in der Aufnahmestelle verstärkt. Seit rund einer Woche boykottieren Bewohner die Lebensmittelpakete und fordern stattdessen Geldleistungen.


FDP und Grüne: Zeit in Aufnahmelager begrenzen
Saarbrücker Zeitung, 5.3.2010

FDP und Grüne im Landtag sind dafür, die Aufenthaltsdauer im Flüchtlingslager Lebach zu begrenzen.
Das geht aus Mitteilungen der Parteien nach einem Besuch des Innenausschusses in der Landesaufnahmestelle hervor.
Die Liberalen sprechen von einer Begrenzung auf ein Jahr.
Die Grünen halten drei Monate für angemessen. Parteichefin Claudia Willger-Lambert ist zudem gegen eine Wohnpflicht für Asylsuchende im Lager. Linken-Abgeordneter Lothar Schnitzler forderte derweil die Schließung des Lagers. Der SPD-Fraktionsvize Ulrich Commerçon erinnerte die Grünen an ihr Wahlversprechen, die Aufenthaltsdauer im Lager zumindest zu verkürzen. red


Lebach: Aufnahmestelle wird Thema im Landtag
SR 1 –Nachrichten, 04.03.2010, 20:00 und 05.03.2010, 9:00

FDP und Grüne im Landtag haben sich für kürzere Aufenthaltszeiten für Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle Lebach ausgesprochen. Die FDP forderte eine Begrenzung auf ein Jahr.Die Grünen regten an, die Verpflichtung, in der zentralen Aufnahmestelle zu wohnen, ganz aufzuheben. Die Landtagsfraktion der Linken forderte die Auflösung der Aufnahmestelle.Grüne und FDP kündigten eine Anhörung an. Die SPD will einen Antrag in den Landtag einbringen. Sie fordert Geldstatt Sachleistungen für die Flüchtlinge und maximal drei Monate Aufenthalt.


Lebach: FDP und Linke zu Landesaufnahmestelle
SR 1 – Nachrichten, 04.03.2010 17:00

Die FDP-Landtagsfraktion fordert, den Aufenthalt von Flüchtlingen in der Landesaufnahmestelle Lebach zu begrenzen.
Es könne nicht sein, dass Menschen dort für zehn Jahre untergebracht würden, obwohl sie selbst Verantwortung für ihr Leben übernehmen könnten und wollten. Deshalb wolle man prüfen lassen, ob eine zügigere Verteilung auf die Gemeinden möglich sei. Ziel sei es, die Aufenthaltsdauer in der Aufnahmestelle auf ein Jahr zu begrenzen.
Die Linken verlangen, das Lager zu schließen. Die zentrale Unterbringung erschwere die Teilnahme der Flüchtlinge am gesellschaftlichen Leben und behindere die Integration.


Recht auf Selbstbestimmung gefordert
Saarbrücker Zeitung, 3.3.2010
Flüchtlingsrat kritisiert Bürokratie und Bevormundung in Landesaufnahmestelle in Lebach. Die Lebensumstände in der Landesaufnahmestelle in Lebach stehen beim Saarländischen Flüchtlingsrat erneut in der Kritik. Die Flüchtlinge müssten sich sturen bürokratischen Regeln unterwerfen, so der Vorwurf. Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Saarlouis. Der saarländische Flüchtlingsrat (SFR) hat seine Forderung nach mehr Selbstbestimmung für die Menschen in der Landesaufnahmestelle in Lebach erneuert. Als Beispiel für die „menschenunwürdigen Wohn- und Lebensumstände“ im so genannten Flüchtlingslager schilderte der SFR in Saarlouis gestern gegenüber der Presse einen Fall, bei dem einem Asylbewerber der Besitz eines Aquariums in seiner Wohnung untersagt wurde. Bei dem Betroffenen Mehmet K. stößt dies auf Unverständnis.
Das Innenministerium erklärt dazu auf SZ-Nachfrage: „Aus gesundheitlichen und hygienischen Gründen (etwa Allergie-Prävention) ist die Tierhaltung generell ausgeschlossen. Diese Regelung wurde auch vor dem Hintergrund der Vermeidung von Lärm oder sonstigen Beeinträchtigungen der rund 800 Bewohner im Sinne eines friedlichen Miteinanders in den Unterkünften getroffen. Ausnahmen sind vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung aller Bewohner nicht vorgesehen.“
Auf Kritik stößt beim Flüchtlingsrat außerdem, dass Mehmet K., der einen Job als Lkw-Fahrer gefunden hat, auch nach der Rückkehr von einer Nachtschicht nicht duschen kann. Die Gemeinschaftsduschen in der Landesaufnahmestelle (in den Wohnungen gibt es keine Duschen) sind montags bis freitags von zehn bis 17.30 Uhr geöffnet, samstags und sonntags von 13 bis 16.30 Uhr. Das Innenministerium begründet die Schließung der Duschräume in den Abend- und Nachtstunden mit Sicherheitsbedenken. So habe die Leitung der Landesaufnahmestelle dafür Sorge zu tragen, dass die „für jedermann ungehindert zugängliche“ Gemeinschaftsdusche nicht zu einem Ziel etwa für (auch sexuelle) Übergriffe werde. Um den Flüchtlingen ein selbstbestimmteres Leben zu ermöglichen, fordert der SFR eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in den einzelnen Kommunen des Landes. Dies fördere zudem die gesellschaftliche Integration.


SPD mahnt zu Initiative für Flüchtlingslager
Saarbrücker Zeitung, 12.2.2010

Saarbrücken. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ulrich Commerçon, hat die Grünen aufgefordert, sich in der Regierungskoalition für Änderungen beim Flüchtlingslager Lebach einzusetzen. „Die Umstellung von Sach- auf Geldleistungen und die Verkürzung der Aufenthaltsdauer im Lager auf höchstens drei Monate ist aus humanitären Gründen geboten“, sagte Commerçon. Ebenso wie die SPD hätten sich die Grünen vor der Landtagswahl hierfür eingesetzt. Die SPD-Fraktion werde einen entsprechenden Antrag in den Landtag einbringen.
Erklärung der SPD im Wortlaut


Gremium mahnt Umstellung von Sach- auf Geldleistungen für Flüchtlinge an
Saarbrücker Zeitung, 11.2.2010
Der saarländische Flüchtlingsrat mahnt die Parteien der Jamaika-Koalition ihre früheren Zusagen einzuhalten. Insbesondere die Grünen hätten sich für eine Auflösung des Flüchtlingslagers Lebach stark gemacht.

Saarbrücken. Der Flüchtlingsrat hat an die Jamaika-Koalition appelliert, den Ankündigungen im Koalitionsvertrag zum Flüchtlingslager Lebach Taten Folgen zu lassen. Das Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats, Roland Röder, verwies in einem SZ-Gespräch darauf, dass der Vertrag eine parlamentarische Anhörung zum Lager vorsehe. Dabei solle eine Umstellung der Versorgung von Sach- auf Geldleistungen sowie eine frühere dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge geprüft werden. Außerdem, so Röder weiter, sollten dem Vertrag zufolge die Rechte der Härtefallkommission (HFK) für von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge gestärkt und ihre Untersuchungsmöglichkeiten ausgeweitet werden. Röder verwies zudem auf ein Pressegespräch des Flüchtlingsrats mit Claudia Willger-Lambert vom Dezember 2008, in dem sich die Grünen-Chefin für die Auflösung des Lagers und die Umstellung von Sach- auf Geldleistungen ausgesprochen hatte. Die Grünen hätten sich bei diesem Thema „jahrelang weit aus dem Fenster gelehnt“. Röder fügte hinzu: „Jetzt haben sie die Möglichkeit, etwas zu verändern, und dann kommt auf einmal was ganz anderes heraus.“

Der bayerische Flüchtlingsrat hat nach Angaben von Röder errechnet, dass die öffentliche Hand dort rund 1800 Euro pro Flüchtling im Jahr einsparen könnte, wenn sie die Flüchtlinge auf die Kommunen verteilen und in Wohnungen unterbringen würde statt in zentralen staatlichen „Gemeinschaftsunterkünften“. Umso befremdlicher sei es, dass die Politik an der Lagerunterbringung festhalte.Mit Blick auf die HFK fordere der Flüchtlingsrat, dass sich künftig auch illegal im Saarland aufhaltende Flüchtlinge an das Gremium wenden dürfen, wie dies Amnesty international gefordert hatte. Röder erinnerte daran, dass HFK-Chef Günther Schwarz (CDU) diesen Vorschlag als „diskussionswert“ bezeichnete. Ferner sollte nach Ansicht des Flüchtlingsrats bereits ein einfaches Mehrheitsvotum der HFK für ein Härtefallersuchen an das Innenministerium ausreichen statt der bisher erforderlichen Drei-Viertel-Mehrheit.Laut Röder soll nach derzeitigem Stand die Arbeit des Flüchtlingsrats künftig nicht mehr vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bezuschusst werden. Er bedaure dies. Für die Gewährung des Zuschusses sei auch das Votum der Saar-Regierung von Bedeutung. In den letzten Jahren habe der Flüchtlingsrat 5000 Euro jährlich vom Bundesamt erhalten. Damit habe man versucht, Politik und Öffentlichkeit für die Lage der Flüchtlinge im Land zu sensibilisieren. nofFlüchtlingsrat fordert von Grünen Einhaltung von „Wahlversprechen“ Saarbrücker Zeitung, 21. Oktober 2009 Saarlouis. Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) hat an CDU, FDP und Grüne appelliert, bei den Koalitionsverhandlungen die Schließung des Flüchtlingslagers Lebach und die Umstellung von Sach- auf Geldleistungen zu vereinbaren. SFR-Vorstand Peter Nobert erinnerte gestern an entsprechende „Wahlversprechen“ der Grünen. Er gehe davon aus, dass die Grünen diese „einhalten werden“.

Bei ihren Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Jamaika-Koalition hatten CDU, FDP und Grüne zum Landesaufnahmelager Lebach nur unverbindliche Prüfaufträge beschlossen. In den zwischenzeitlich gescheiterten Gesprächen der Grünen mit SPD und Linken über die Bildung einer rot-rot-grünen Koalition war dagegen eine Begrenzung der Aufenthaltsdauer in Lebach auf drei Monate und die Umstellung von Sach- auf Geldleistungen vereinbart worden. nofLebach: Rat erinnert Grüne an ForderungSR-Nachrichten, 20. Oktober 2009 Der Saarländische Flüchtlingsrat hat die Grünen aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Flüchtlingslager Lebach geschlossen wird. Die Partei habe sich im Dezember 2008 dafür ausgesprochen.Als Sofortmaßnahme hätten die Grünen damals eine Umstellung von Lebensmittelpaketen auf Geldleistungen verlangt. Dies sei kostengünstiger und fördere die Selbstbestimmung der Flüchtlinge.Darüber hinaus müsse allen Flüchtlingen ein uneingeschränkter Zugang zum Gesundheitswesen und die freie Arztwahl ermöglicht werden. Ziel müsse eine humane Flüchtlingspolitik sein.In einer Presseerklärung der Grüne Jugend Saar zu den Forderungen an die Koalitionsverhandlungen heißt es u.a.:19. Oktober 2009 „In den bereits geführten Sondierungsgesprächen mit CDU/FDP wurde vereinbart, die Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen im Auffanglager Lebach auf ein Jahr zu verkürzen. Dies ist aber, in unseren Augen, ein zu langer Zeitraum. Wir folgen der Einschätzung des Saarländischen Flüchtlingsrates und plädieren für eine Festsetzung der maximalen Aufenthaltsdauer in Auffangeinrichtungen auf drei Monate. Ebenso muss die Situation vor Ort deutlich verbessert werden.


Flüchtlingsrat fordert Wende in der Ausländerpolitik
Rat dringt auf Änderungen im Flüchtlingslager Lebach und liberalere Härtefallregelung
Saarbrücker Zeitung, 9. September 2009
Angesichts der anstehenden Koalitionsverhandlungen dringt der Flüchtlingsrat auf eine Kehrtwende in der Ausländer- und Asylpolitik. Änderungen seien vor allem im Hinblick auf das Flüchtlingslager Lebach und die Härtefallkommission nötig.

Saarbrücken. Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) verlangt mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen über die Bildung einer neuen Landesregierung einen klaren Kurswechsel in der Asyl- und Ausländerpolitik. SFR-Vorstandsmitglied Heinz-Peter Nobert sagte der SZ, seine Organisation fordere die Schließung des Flüchtlingslagers Lebach, mindestens aber die Begrenzung der Aufenthaltsdauer auf drei Monate. Spätestens nach einem Vierteljahr müssten die Menschen dezentral in den Kommunen untergebracht werden.Zudem müsse die Gängelung der Flüchtlinge in Lebach durch Sachleistungen endlich ein Ende haben, mahnte Nobert. Der Saarlouiser Rechtsanwalt verlangte, von Lebensmittelpaketen auf Geldleistungen umzustellen, wie dies in Hamburg, Bremen, Berlin, Hessen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern längst gang und gäbe sei. Nobert kritisierte, das Leben im Lager vollziehe sich auf engstem Raum, ohne jegliche Privatsphäre und sei weitgehend fremdbestimmt. Es gebe regelrechte Kontrollgänge in den Wohnungen der Flüchtlinge – selbst dann, wenn sich die Bewohner dort nicht aufhalten. Duschmöglichkeiten bestünden nur zu bestimmten Zeiten in einem zentralen Bad. „Wo das Leben so organisiert ist, sind Konflikte programmiert“, so Nobert. Darüber hinaus fordere der SFR Konsequenzen aus der jüngsten Kritik von Amnesty International an der Verordnung für die saarländische Härtefallkommission (HFK). Im Gegensatz zur jetzigen Rechtslage sollte es künftig auch Ausländern ohne gültige Duldung erlaubt sein, sich an die HFK zu wenden, verlangte das Vorstandsmitglied des SFR. Außerdem sollte in Zukunft eine einfache Mehrheit der Kommission – statt der bisherigen Drei-Viertel-Mehrheit – für ein Härtefallersuchen an das Innenministerium ausreichen. Nobert rügte zugleich, dass das Ministerium die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bisher teilweise davon abhängig mache, dass der Betroffene bis zu einem bestimmten Zeitpunkt seinen Unterhalt selbst sichern kann. Zugleich forderte Nobert, der auch Mitglied der Grünen ist, in der HFK-Verordnung klarzustellen, dass ein Flüchtling nicht abgeschoben werden darf, wenn sein Fall noch bei der Kommission anhängig ist. Im vorigen Jahr war ein Flüchtling, der sich aus der Abschiebungshaft an das Gremium gewandt hatte, abgeschoben worden, bevor sein Fall von der HFK behandelt wurde.


Flüchtlingsrat kritisiert Müller-Regierung
Saarbrücker Zeitung, 18. August 2009

Saarbrücken. Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) hat in einem Positionspapier zur Landtagswahl begrüßt, dass sich die SPD, die Grünen und die Linkspartei für „eine deutliche Reduzierung der Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen auf rund drei Monate und die Abschaffung von Lebensmittelpaketen“ im Aufnahmelager in Lebach ausgesprochen haben. An der CDU-Landesregierung kritisiert der SFR, dass sie Flüchtlingspolitik vor allem als Sicherheitspolitik verstehe. red


Hilfsorganisation fordert Bargeld statt Essenspakete für Flüchtlinge
Saarbrücker Zeitung, 26. Juni 2009

Saarlouis. Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) hat eine neue Kampagne mit dem Titel „Selbstbestimmung ist Menschenrecht“ gestartet. Die Aktion ziele darauf, die Lebensmittelpakete in der Landesaufnahmestelle in Lebach abzuschaffen und das so genannte Lager aufzulösen, erklärte das SFR-Vorstandsmitglied, Roland Röder. Derzeit erhalten die rund 850 Lagerbewohner aus 20 Staaten gesetzlich festgelegte Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz, so SFR-Vorstandsmitglied Heinz-Peter Nober. In Euro-Geldwert umgerechnet lägen die zwei Mal pro Woche ausgegebenen Lebensmittelpakete und das monatliche Taschengeld von 40 Euro für Erwachsene 20 Prozent unter dem Hartz-IV-Regelsatz, sagt Nober. Nach Ansicht des SFR sollten die Bewohner des Flüchtlingslagers künftig statt der wöchentlichen Lebensmittelpakete entsprechend Geld erhalten. Dieses und andere Probleme wie die beengten Wohnverhältnisse, die begrenzten Duschzeiten und die mitunter jahrelange Gebundenheit an das Lager führten dazu, dass die Menschen nicht selbstbestimmt leben können, erklärte Nobert. Eine positive Entwicklung nennt der SFR allerdings die Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Flüchtlingskinder sowie die Betreuungs- und Sprachangebote der Caritas in Lebach. Ihre Forderungen hat die partei- und regierungsunabhängige Lobbyorganisation SFR bereits mit Vertretern der Landtagsfraktionen von SPD, Grünen, FDP und Linkspartei besprochen. Während SDP, Grüne und Linkspartei den Forderungen zustimmten, hielte sich der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Karl-Josef Jochem noch bedeckt. Eventuell werde sich die FDP nach den Landtagswahlen für eine Landtagsanhörung stark machen, glaubt Röder. Nunmehr stehe noch ein Gespräch mit Ministerpräsident Peter Müller (CDU) aus. bera


Innenminister: Asylbewerber bleiben in Lebach
Dem Willen des saarländischen Innenministers Klaus Meiser (CDU) zufolge sollen Asylbewerber bis zur Abschiebung in der zentralen Aufnahmestelle in Lebach bleiben.

Saarbrücker Zeitung, 27. März 2009
Saarbrücken. Unrealistisch und unpraktikabel hat der saarländische Innenminister Klaus Meiser (CDU) gestern die SPD-Forderung genannt, die Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen in der zentralen Aufnahmestelle in Lebach auf drei Monate zu begrenzen und sie dann auf die Kommunen zu verteilen. Meiser erklärte, dass von 865 Menschen in der Aufnahmestelle momentan 634 „vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber“ seien. Es wäre ein falsches Signal an die abgelehnten Asylbewerber, „sie in den Gemeinden unterzubringen und so Hoffnungen auf einen längeren Aufenthalt im Saarland zu schüren“. Die derzeitige Regelung trage zudem erheblich zur Entlastung der Kommunen bei, erklärte der Minister. Das Land trage Kosten, die sonst nach Ablauf der Asylverfahren von den Kommunen übernommen werden müssten. Aktuell würden 174 Asylverfahren in Leach bearbeitet.

Meiser sagte, dass sich die Unterbringung in den vergangenen Jahren in Lebach deutlich verbessert habe. Familien hätten beispielsweise abgeschlossene Wohnungen. Zudem würden die Wohlfahrtsverbände zahlreiche Integrationsangebote machen. Demnach besuchten beispielsweise alle Kinder in der Aufnahmestelle einen Kindergarten, sagte der Minister.
pg


SPD will Aufenthalt der Flüchtlinge im Lager auf drei Monate begrenzen
Saarbrücker Zeitung, 25. März 2009
Das Saarland darf nach Ansicht der Sozialdemokraten nicht länger Schlusslicht bei der Integrationspolitik sein. Verbessert werden müsste dabei etwa die Situation für Flüchtlinge im Aufnahmelager Lebach. Von SZ-Redakteur Guido Peters

Saarbrücken. Die Saar-SPD will im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl der Integrationspolitik einen neuen Schub geben. Das kündigte gestern Parteichef Heiko Maas vor Journalisten an. So soll der Aufenthalt der Flüchtlinge im Lager Lebach auf drei Monate begrenzt werden. Die Menschen sollen dann mit Hilfe eines Integrationskonzepts in Städten und Gemeinden eine Unterkunft finden. Die Situation im Lager Lebach sei „mehr als beunruhigend“, meinte Maas. Sie sei unwürdig. Dass Flüchtlinge dort über viele Jahre leben müssten, sei beispielhaft für die „misslungene Integrationspolitik“ der Landesregierung. „Die Folge sind Parallelgesellschaften“, ergänzte Fraktionsvize Ulrich Commerçon. Maas erinnerte an die Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Die Studie hatte dem Saarland zu Jahresbeginn im Vergleich der Bundesländer eine Schlusslichtposition bei der Integration von Zuwanderern bescheinigt. Selbst in gesellschaftspolitisch schwierigen Zeiten dürfe das Thema der Eingliederung nicht unter den Tisch fallen, sagte der SPD-Vorsitzende. Maas nannte die Bildung und Weiterbildung das A und O eines Integrationskonzeptes. „Die Ergebnisse der Pisa-Studien, wonach Kinder mit Migrationshintergrund durch das saarländische Bildungssystem benachteiligt sind, wollen wir ernst nehmen und Veränderungen herbeiführen.“ Die Vorstandsmitglieder des saarländischen Flüchtlingsrates, Roland Röder und Peter Nobert, begrüßten die Absicht der SPD. Sie bekräftigten ihre Forderung, bei der Versorgung der Flüchtlinge von Sach- auf Geldleistungen umzusteigen. Im Lager Lebach sind gegenwärtig 800 Flüchtlinge untergebracht. Sie kommen meist aus der Türkei, Syrien, dem Irak, aus dem Iran und Vietnam. Presseerklärung der SPD im Wortlaut


Flüchtlingsrat fordert erneut Auflösung des Lebacher Lagers
Saarbrücker Zeitung, 12. Januar 2009

Flüchtlingsrat fordert erneut Auflösung des Lebacher Lagers Saarlouis. Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) lud am Freitagabend zum Neujahrsempfang in das Evangelische Gemeindezentrum nach Saarlouis ein. Im Superwahljahr möchte der Verein seine Forderungen nach einer humanen Asylpolitik Nachdruck verleihen und auch sein Hauptanliegen – die Auflösung des Flüchtlingslagers Lebach – wieder verstärkt in die Diskussion bringen. Seit Jahren weist der Flüchtlingsrat auf die in seinen Augen menschenunwürdigen Wohn-und Lebensumstände hin, wie Sprecher Peter Nobert erneut betonte.
Wenigstens in einem Fall aber, das wurde bei dem Empfang auch deutlich, zeichnet sich Positives ab.
Familie Örüm lebt seit sieben Jahren im Flüchtlingslager. Vor fast 16 Jahren kamen Abdullah und Kahia nach Deutschland und warten seither auf ihre Aufenthaltserlaubnis. Zwischendurch drohte immer wieder die Abschiebung, doch nun gibt es für die kurdische Familie endlich einen Lichtblick.
Mit einer Arbeitserlaubnis darf Abdullah Örüm nun zuversichtlich in die Zukunft blicken. Sechs Kinder zwischen 17 Jahre und drei Monate hat das Ehepaar, fünf davon wurden in Deutschland geboren. Jetzt, wo Abdullah auf Arbeitssuche ist, hofft die Familie auch auf eine Wohnung außerhalb des Lagers. hth Flüchtlingsrat und Grüne für Auflösung des Lagers LebachSaarbrücker Zeitung, 9. Dezember 2008Saarbrücken. Der Flüchtlingsrat und die Grünen-Fraktion im Landtag haben sich anlässlich des Tags der Menschenrechte am Mittwoch gemeinsam dafür ausgesprochen, das Flüchtlingslager Lebach aufzulösen. Das Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats, Peter Nobert, und Grünen-Fraktionsvize Claudia Willger-Lambert plädierten gleichzeitig dafür, bei der Versorgung der Flüchtlinge von Sach- auf Geldleistungen umzusteigen. Dabei würde man nach Meinung der beiden sogar Geld einsparen.
Laut Nobert wäre eine Umstellung auf Geldleistungen auf Landesebene regelbar, ebenso die vom Flüchtlingsrat gewünschte dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge. Er kritisierte: „Gekocht und gegessen wird in Lebach, was vom Amt kommt.“ Das sei „nicht unbedingt das, was die Menschen gerne essen würden“. Dabei seien Verwaltungsaufwand und Transport der Lebensmittelpakete sogar mit Mehrkosten verbunden. Die Versorgung übernehme eine Firma aus dem 400 Kilometer entfernten Bamberg. Willger-Lambert bemängelte, dass in Lebach verschiedene Nationalitäten auf engstem Raum zusammenleben müssten. nof Siehe auch Einladung zum Pressegespräch


Polizei nimmt mutmaßlichen Messerstecher in Lebach fest

Saarbrücker Zeitung, 8.11.2008

Lebach. Die Lebacher Polizei hat am Freitag einen mutmaßlichen Messerstecher festgenommen, der wochenlang untergetaucht war. Der 21-jährige Kurde wurde per Haftbefehl gesucht und soll Anfang September auf einen Landsmann (19) im Landesflüchtlingslager Lebach mit einem Messer eingestochen haben. Das Opfer wurde dabei so schwer an der Halsarterie verletzt, dass die Ärzte sein Leben laut Polizei nur durch eine Notoperation retten konnten. Der 21-Jährige sitzt nun in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken.Ende Oktober hatte der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) gegenüber unserer Zeitung eine mangelnde psycho-therapeutische Versorgung der Bewohner des Aufnahmelagers Lebach moniert.Die Psychotherapeutin Juliane Grodhues sagte damals, viele Flüchtlinge seien depressiv und nervös, weil sie Gewalt, Folter, Gefängnisaufenthalte und Demütigungen erlebt hätten. Notwendig seien „aufsuchende“ psychotherapeutische Strukturen. Hier geschehe bisher zu wenig. Die Flüchtlinge litten unter ständiger Angst vor einer Abschiebung, könnten kein selbstbestimmtes Leben führen und reagierten darauf nicht selten mit „sozialem Rückzug, Aggressionen und Widerständigkeit“. red


„Viele im Lager sind depressiv“
Saarbrücker Zeitung, 28.10.2008
Der Flüchtlingsrat beklagt, dass viele Bewohner des Aufnahmelagers Lebach psychische Probleme hätten. Daher müsse die psychotherapeutische Versorgung ausgebaut und verbessert werden.

Saarlouis/Lebach. Der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) hat eine mangelnde psycho-therapeutische Versorgung der Bewohner des Aufnahmelagers Lebach moniert. Die Psychotherapeutin Juliane Grodhues sagte gestern vor der Presse in Saarlouis, viele Flüchtlinge seien depressiv und nervös, weil sie Gewalt, Folter, Gefängnisaufenthalte und Demütigungen erlebt hätten. Notwendig seien „aufsuchende“ psychotherapeutische Strukturen. Hier geschehe bisher zu wenig. Die Flüchtlinge litten unter ständiger Angst vor einer Abschiebung, könnten kein selbstbestimmtes Leben führen und reagierten darauf nicht selten mit „sozialem Rückzug, Aggressionen und Widerständigkeit“. Nach Einschätzung von SFR-Vorstand Peter Nobert hat sich die Lage der Flüchtlinge in Lebach insgesamt etwas entspannt. Dies hänge mit der geringeren Bewohnerzahl zusammen, die von rund 1500 vor vier bis fünf Jahren auf nunmehr 900 zurückgegangen sei. Zudem wirke sich hier die Altfallregelung aus, wonach Flüchtlinge, die Mitte 2007 acht Jahre im Fall von Alleinstehenden oder sechs Jahre im Fall von Familien in Deutschland gelebt haben, hier bleiben dürfen. Gleichwohl gibt es laut SFR-Vorstand Doris Klauck immer noch Menschen im Lager, die dort seit über zehn Jahren leben. Dies betreffe etwa manche Flüchtlinge aus der Türkei. Mit der Arbeit der saarländischen Härtefallkommission zeigte sich Peter Nobert insgesamt zufrieden. Das Verhältnis zwischen dem Flüchtlingsrat und der Landesregierung habe sich mit der Amtsübernahme von Innenminister Klaus Meiser (CDU) verbessert.Klauck sah es als positiv an, dass jede Familie in Lebach nun eine eigene Wohneinheit habe. Gleichwohl seien die Wohnverhältnisse häufig beengt. So müsse etwa eine siebenköpfige Familie in einer Zwei-Zimmer-Wohnung zurechtkommen. Es gebe weiterhin eine zentrale Sammeldusche, so dass die Menschen mit ihren Kindern quer durch das ganze Lager laufen müssen, um duschen zu können. Diese Sammeldusche sei nur zu bestimmten Zeiten geöffnet. Auch ihre Kleider könnten die Flüchtlinge nur zu bestimmten Zeiten waschen. Nobert erneuerte vor diesem Hintergrund die Forderung, das zentrale Lager in Lebach als Dauereinrichtung, in der sich Flüchtlinge über Jahre aufhalten müssen, aufzulösen. Hauptkritik am Zentrallager sei, dass die Menschen dort „unmündig gehalten“ würden. Es werde so gut wie alles „reglementiert und zugeteilt“. Nobert sähe bei dezentralen Einrichtungen auch eher die Möglichkeit, Geld- statt Sachleistungen zu gewähren und damit von der bisherigen „Paketverpflegung“ abzukommen. Hintergrund Der Saarländische Flüchtlingsrat ist ein landesweiter Zusammenschluss von Mitgliedern unterschiedlicher Organisationen, Vereine, Gruppen und Einzelpersonen, der für die Rechte von Flüchtlingen eintritt. Vertreten sind zum Beispiel amnesty international, Pax Christi, die Aktion 3. Welt Saar, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Bistum Trier, der Deutsch-Ausländische Jugendclub (DAJC), die Arbeitsgemeinschaft der saarländischen Ausländerbeiräte und die Kurdische Gemeinde Saar. nof
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Keine falsche Mitleidstour

Fotoausstellung an der Katholischen Hochschule zeigt Leben im Flüchtlingslager Lebach
Von Andreas Braun
fotoausstellung Wahrlich kein Ort zum Leben: das Flüchtlingslager in Lebach. Das will auch eine Ausstellung zeigen.

Lebach – Nicht gerade idyllisch, aber keineswegs erschreckend wirken viele der Fotos, die in der Ausstellung „Das Leben im Lager“ derzeit in der Katholischen Hochschule für soziale Arbeit in Saarbrücken zu sehen sind. Im schönsten Sonnenschein präsentieren sich die heruntergekommenen Plattenbauten des Lebacher Flüchtlingslagers. Lächelnde Menschen unterstreichen den ersten Eindruck, es könne sich um Szenen aus einer beliebigen Vorstadtsiedlung handeln, die die Fotografin Dragana Pesic abgelichtet hat. Doch direkt daneben dann ein anderes Bild: Häuser, die mehr Baracken als Gebäude sind, eine Essensausgabe hinter Gitterstäben in einem kargen Raum. Der Kontrast der Bilder ist durchaus Absicht: „Wir wollen alle Facetten des Lebens im Lager zeigen und die Menschen nicht über eine falsche Mitleidstour für unsere Absichten gebrauchen“, so Roland Röder, Vorsitzender des saarländischen Flüchtlingsrats (SFR), der die Schirmherrschaft der Ausstellung übernommen hat. Dementsprechend würden Kinder bewusst nicht in den Mittelpunkt der Ausstellung gerückt, sondern nur vereinzelt und keineswegs traurig dargestellt. Auch sonst bemühen sich die Ausstellungsmacher um Zurückhaltung: Lediglich „an Sonn- und Feiertagen geschlossen und auch ansonsten nur zu bestimmten Zeiten benutzbar“, steht unter Fotos, die die Bäderanlage des Lagers zeigen: 30 verschmutzte Duschen für etwa 1200 Menschen im schöner Ort im düsteren Untergeschoss eines der Plattenbauten. Weil Innenaufnahmen im Lager genehmigungspflichtig sind, gab Fotografin Dragana Pesic ihren Apparat an eine Bewohnerin weiter, die die Bilder heimlich schoss. Pesic kennt die Flüchtlingsproblematik selbst aus ihrem Heimatland, Serbien-Montenegro. „Die Umstände im Lager sind menschenunwürdig, was eine Schließung für uns altemativlos macht“, sagt Roland Röder vom SFR. Selbst wenn die Ausstellung das nicht zu bewirken vermag: Für Diskussionsstoff wird sie sorgen. Die Ausstellung ist noch bis 14. Juli in der katholischen Hochschule, Lebacher Str. 12a, Saarbrücken, zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag, neun bis 16 Uhr, Freitag neun bis 14 Uhr.


Flüchtlingsrat drängt auf Schließung des Lagers Lebach
Saarbrücker Zeitung

Saarbrücken. Nach der Kritik des Diakonischen Werkes und der Saar-SPD an den Zuständen im Flüchtlingslager Lebach, hat der saarländische Flüchtlingsrat erneut eine Schließung des Lagers gefordert. „Anders sind die inhumanen Missstände nicht zu beseitigen“ sagte Peter Nobert vom Flüchtlingsrat gestern. Die Flüchtlinge seien auf engstem Raum untergebracht, Krankheiten würden zum Teil nicht behandelt. Zudem würden zweimal wöchentlich Lebensmittelpakete verteilt, die teurer seien als eine entsprechende Barauszahlung.


Flüchtlingsrat: Innenministerium zu misstrauisch – Bilanz Härtefallkommission
Saarbrücker Zeitung

Saarlouis. Gut ein Jahr nach der Konstituierung der Härtefallkommission des Landes für ausreisepflichtige Zuwanderer hat der saarländische Flüchtlingsrat eine gemischte Bilanz gezogen. Zwar sei die Arbeit der Kommission grundsätzlich positiv zu bewerten, wie Roland Rödervom Flüchtlingsrat gestern bei einem Pressegespräch in Saarlouis mitteilte. Er kritisierte jedoch, die mangelnde Entscheidungshoheit des Gremiums. Die Kommission könne dem Innenministerium lediglich empfehlen, von der Abschiebung bedrohten Ausländern aus humanitären Gründen ein Bleiberecht zu erteilen. „Offenbar misstraut das Innenministerium der Arbeit der Kommission, in der auch Vertreter der Kommunen sitzen“, so Röder. Er kritisierte zudem, dass das Ministerium ein empfohlenes Bleiberecht ohne jegliche Begründung ablehnen kann.


Schließung des Lagers Lebach ist alternativlos
Saarbrücker Zeitung

SAARLOUIS – Der Saarländische Flüchtlingsrat hat die Kritik des Diakonischen Werkes und der SPD am Flüchtlingslager Lebach begrüßt (siehe SG 20). „So nachvollziehbar die politische Schönrednerei der Zustände im Flüchtlingslager durch die CDU-Landtagsfraktion ist, so wichtig wäre es, endlich die Missstände zu beheben“, heißt es in einer Presseerklärung. „Als Saariändischer Flüchtlingsrat setzen wir uns seit Oktober 2004 für die Schließung des Lagers Lebach ein. Anders sind die inhumanen Missstände nicht zu beseitigen“, sagte Peter Nobert vom Vorstand. Das Flüchtlingslager sei ein Ort einer politisch gewollten Perspektiviosigkeit und einer politisch verordneten Nicht-Integration, so Nobert. Von vielen medizinischen Leistungen seien die Flüchtlinge ausgeschlossen, der Zugang zu Bildung stehe ihnen nur eingeschränkt offen. Der Saarländische Flüchtlingsrat will noch vor der Sommerpause eine eigens konzipierte Fotoausstellung zu den dortigen Zuständen vorstellen.
Sonntags keine DuscheSaarbrücker Zeitung vom 19.05.2006, Johannes Schleuning Lebensumstände im Flüchtlingslager Lebach weiter in dr Kritik – Unnötig beengte Wohnverhältnisse Obwohl im Flüchtlingslager in Lebach viele Wohnungen und Zimmer leer stehen, müssen die Menschen auf engstem Raum zusammenleben. Zudem sind die Duschräume von Samstagnachmittag bis Montagmorgen geschlossen.

Was sie gerne aus ihrem Leben machen würde? „Was soll ich träumen? Ich sehe keine Zukunft für mich“, sagt Leila (Name v. d. Red. geändert). Leila ist 22. Als sie 18 war, ist sie aus ihrer türkischen Heimat geflohen. Allein. Sie weiß nicht, wo ihr Vater ist. Ihre Mutter ist tot. Leila ist Aramäerin. Ihre Volksgruppe mit christlich orthodoxem Glaubenwird vom türkischen Staat unterdrückt, sagt Leila. An ihnen würden türkische Soldaten ihre Wut auslassen. Was genau passiert ist, weshalb sie sich entschloss zu fliehen, darüber will die zierliche junge Frau nicht sprechen. Sie sagt nur, ihr sei körperlich etwas sehr Schlimmes widerfahren. Seit ihrer Ankunft im Landesaufnahmelager für Flüchtlinge in Lebach ist sie in psychologischer Behandlung. Diesem Umstand habe sie es zu „verdanken“, dass sie trotz abgelehnten Asylantrages vorerst noch bleiben darf – und nicht in das Land ihrer Peiniger abgeschoben wird. Als Leila 2002 ins Lager kam, „da habe ich gedacht, wenn ich schon hier bin, dann will ich auch deutsch lernen“, erzählt sie. Sie hat mehrere Deutschkurse besucht, die im Lager angeboten werden. Heute spricht sie so gut deutsch, dass man meinen könnte, sie sei hier geboren. Auch einen Computerkurs hat die Waise belegt. Anfangs habe sie sogar vorgehabt, in der Zeit, in der ihr Asylantrag geprüft wird, den Hauptschulabschluss zu machen. „Aber bald wurde mir klar: Das wird nix, weil ich ja bald weg soll“, sagt sie. Das Schlimmste im Lager sei, dass alle den ganzen Tag über nichts zu tun hätten. „Wenn wir wenigstens arbeiten könnten. Natürlich wäre das wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland schwer zu vermitteln, aber wir sollten doch wenigstens eine Chance haben.“ Froh wäre sie auch, wenn sie selbst entscheiden könnte, was es zu essen gibt. Dreimal in der Woche erhalten die Flüchtlinge vorgefertigte Lebensmittelpakete. „Und am Wochenende duschen zu können, das wünsche ich mir“, sagt sie. Montag bis Freitag ist die zentrale Gemeinschaftsdusche (in den Wohnungen gibt es keine Duschen) von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet, samstags von 13 bis 16.30 Uhr. Weshalb die Duschen von Samstagnachmittag bis Montagmorgen zugesperrt werden, können die Flüchtlinge nicht verstehen. Auf Anfrage unserer Zeitung teilt das Innenministerium dazu mit: „Die Nutzung der Gemeinschaftsduschehat in der Vergangenheit gezeigt, dass ein Duschbetrieb ohne Aufsicht nicht möglich ist. (…) Um eine geregelte Nutzung der Sanitäranlagen sicher zu stellen, beschränken sich die Duschzeiten an den Werktagen wegen der notwendigen Aufsicht auf die Dienstzeiten des Landesamtes für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten. Samstags wird – als ein Entgegenkommen an die Bewohner – die Aufsicht von einem vertrauenswürdigen Be wohner der Gemeinschaftsunterkunft übernommen.“ Derzeit wird auf dem Lagergelände eine neue Gemeinschaftsdusche gebaut, sie soll die alte ab Ende Juli ersetzen. Die Öffnungszeiten werden bleiben.Drittes Zimmer zugesperrtWas viele der derzeit 1119 Flüchtlinge in Lager ebenfalls beklagen seien in den Wohnungen auf engstem Raum zusammengepfercht. Dabei stehen etliche Wohnungen und Zimmer in der Siedlung leer. Abdullah etwa wohnt mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in zwei rund zwölf Quadratmeter großen Zimern. Außerdem gibt es in der Wohnung eine kleine Küche und eine Toilette. In einem dritten Zimmer, das zur Wohnung gehört, sollte eigentlich eine weitere Familie untergebracht werden, erzählt der 31-jährige Kurde. Aber er habe jemanden von der Lagerleitung angefleht, davon Abstand zu nehmen. Daraufhin, so Abdullah, habe man ihm geantwortet: „Gut, aber dann schließen wir das dritte Zimmer ab, sie haben keinen Anspruch auf so viel Wohnraum.“ Die Tür ist bis heute abgeschlossen. Und der Raum wird von niemandem genutzt. Abdullah würde dort gern seine zwei zwölfjährigen Töchter unterbringen. Mit Gesten deutet er an, dass die Mädchen allmählich erwachsen würden und ein wenig Privatsphäre brauchten. Zu den beengten Wehnverhältnissen teilt das Innenministerium mit: „Aufgrund der aktuellen Belegungssituation verfährt das Landesamt bei der Bemessung des zugeteilten Wohnraumes vor allem bei Familien“ mit“ Kindern seit Herbst vorigen Jahres großzügiger als dies in der Vergangenheit geschehen ist. Obwohl 43 Familien größere Wohnungen angeboten wurden, haben 23 dieser Familien das Angebot nicht genutzt. Dies lässt darauf schließen, dass der zugewiesene Wohnraum in diesen Fällen ausreichend war.“ Abdullah hat bis heute elf Jahre in dem Lager verbracht. Wenn er arbeiten dürfte, könnte er morgen schon bei einem Freund in der Kebab-Bude helfen, sagt er. Stattdessen bleibt er im Lager und wartet auf die Abschiebung. Ebenso wie Leila. Wenn Leila arbeiten dürfte, welcher Beruf würde ihr Spaß machen? Leila schüttelt den Kopf. „Davon träume ich lieber erst, wenn ich die Möglichkeit habe, einen Hauptschulabschluss zu machen.“
134,50 € Schadensersatz – Ein peinlicher Vorgang im Saarland12. Dezember 2005
Wegen des Anbringens einer Gedenktafel für einen ermordeten Flüchtling hat die Stadt Saarlouis einen langwierigen Prozess geführt. Der erstrittene Schadensersatz: 134,55 €.


Kochen mit Nahrumgspaketen für Flüchtlinge
Max Palüs „Nudelpampe mit Erbsen“

Die Welt, 4. Oktober 2005
VON ROBEBT ACKEEMANN

Ein karger Raum mit gelben Wänden. Alte Sofas und Holz tische mit Stühlen stehen ungeordnet herum. Rund 30 Neugierige, darunter auch Politiker so wie Mitarbeiter des Saarländischen Flüchtlingsrates, haben sich in den Räumlichkeiten des Deutsch-Ausländischen Jugendclubs in der Saarbrücker Johannisstraße eingefunden. Auf einem Tisch an der Wand sind einige armselige Lebensmittel aufgebaut: Weißbrot, ein paar Eier, abgepackter Käse der billigsten Sorte. Es sind Artikel, die die Flüchtlinge im Lebacher Auffanglager drei Mal pro Woche zugeteilt bekommen. „Der Flüchtlingsrat versucht darauf aufmerksam zu machen, dass solche Lager, wie das in Lebach, gegen die Menschenwürde verstoßen“, sagt Peter Nobert, Sprecher der Vereinigung. Und er fügt an: „Da sind 1250 Personen, die zum Teil über Jahre hinweg unter schlechtesten Bedingungen leben müssen.“ Um auf die von ihm kritisierten Missstände hinzuweisen, hat der Verein Jochen Senf ins Boot geholt. Der als Tatort-Kommissar Max Palü bekannte Schauspieler engagiert sich für Menschenrechte. Er will an diesem Abend versuchen, aus den Paketen symbolisch ein Essen für die Anwesenden zuzubereiten. Ich koche nur mit Widerwillen solchen Fraß. Schweine hätten Probleme, das zu essen“, empört sich Senf. „Was nicht berücksichtigt wird, ist, dass Afrikaner und Asiaten, aber auch Bosnier verschiedene Vorstellungen davon haben, was sie essen möchten“, erzählt Senf, „der Ekel ist also noch intensiver als bei mir, einem Mitteleuropäer…“Aber die Nahrungspakete sind nur ein Teilaspekt der Zustände in Lebach. Eine mehrköpfige Familie teilt sich nach Angaben des Flüchtlingsrates dort einen Raum in einer Drei-Zimmer-Wohnung, Duschen sei sonntags nicht möglich und Waschen könne man nur nach Terminvereinbarung, und das lediglich zwischen 8 und 13 Uhr. Monatlich erhalte jede Person 40 Euro Taschengeld. „Unter den Flüchtlingen sind zum Teil auch Intellektuelle, gut ausgebildete Leute“, sagt, Senf, „für die ist es noch schwieriger mit einer solchen fertig zu werden. Statt ökonomisch für unser Land zu nutzen, werden sie abgeschoben.“ SPD-Landtagsabgeordnete Cornelia Hoffmann-Bethscheider wirft ein: „Es sollte es zumindest eine Schulpflicht für Flüchtlingskinder geben.“ – In der Küche hat Jochen Senf derweil „Nudelpampe mit Erbsen undefinierbar sowie Hühnerbein und Rinderbug zubereitet.“ Als es allerdings darum geht, gemeinsam das vom Tatort-Kommissar Zubereiteten zu verspeisen, verabschieden sich die meisten der Anwesenden. Neugierde hat eben doch ihre Grenzen…


Schauspieler Jochen Senf eingeladen.

Saarbrücker Zeitung, 4. Oktober 2005
TV-Kommissar kocht mit Rationen aus Lebacher Flüchtlinglager
Der Saarländische Flüchtlingsrat hatte am Samstag Politiker in den Deutsch-Ausländischen Jugendclub Saarbrücken zu einem Demonstrations-Kochen mit Schauspieler Jochen Senf eingeladen.VON SZ-MITARBEITERIN SILVIA NUSS

Saarbrücken. Er isst gern und er kocht gern, nicht nur wenn er den Tatort-Kommissar von der Saar gibt. Dennoch starrt Jochen Senf an diesem Samstagabend ziemlich rat- und auch lustlos auf den Tisch mit Nahrungsmitteln, aus denen er gleich ein schmackhaftes Mahl bereiten soll. Den Beutel Kartoffeln oder die Packung,Spaghetti mit Pilzrahmsoße in Pulverform? „Was soll man da nehmen?“ fragt Kommissar Palü, als stünde er vor seinem schwersten Fall. Die Qual ist groß, weil (Aus-) Wahl klein ist. Immerhin kann der Kommissar-Darsteller Senf wählen. Denn vor ihm liegt die gesamte Wochenration, die ein Erwachsener im Flüchtlingslager Lebach erhält, aufgeteilt in drei Pakete, immer montags, mittwochs und freitags. 1500 Men schen aus zig Nationen leben im Lager Lebach, sagt der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR). Aus Anlass der Interkulturellen Woche hatte er am Sams tag zusammen mit dem Saarbrücker Deutsch-Ausländischen Jugendclub (DAJC) ins Haus der Kulturen eingeladen, zum „Kochen mit Senf aus den Lebensmittelpaketen der laufenden Woche. „Jeder erhält das gleiche,“ sagt Irene Krohn vom DAJC – und zwar ungeachtet seiner Essensgewohnheiten. Wenn jemand aus einem Land kommt, in dem man hauptsächlich Reis und nicht Kartoffeln isst, Schmelzkäse und Wurstaufschnitt nicht kennt – dann sah es für ihn in der vergangenen Woche schlecht aus. Menschenunwürdig finden Flüchtlingsrat und DAJC die Versorgung mit Paketen. Zumal die meisten Asylbewerber in Lebach jahrelang nach der Devise leben müssen: „Es wird gegessen, was vom Amt kommt“. Und eine“‚ Geldverschwendung sei es auch, denn bei vielen stapelten sich Lebensmittel, mit denen sie nichts anzufangen wüssten. Krohn hielte für besser, wenn die Leute Gutscheine erhielten und sich Essen aussuchen könnten. „Wissen Sie überhaupt, wie sich das auf den Gesundheitszustand auswirkt?!“ wollte Jochen Senf am Samstag von den Politikern wissen. Eingeladen zum Probeessen hatten die Veranstalter alle, die wichtig sind: angefangen von der Innenministerin mit ihrem Staatssekretär über die Fraktionsvorsitzenden der Landtagsparteien, den Spitzenmann der neuen „Linken“, die Saarbrücker Oberbürgermeisterin bis hin zu den Wohlfahrtsverbänden. Gekommen indes waren nur der Stadtverbandspräsident zwei Mitglieder des Landtagsinnenausschusses von der SPD und eine Frau, die sich als -„einfaches WASG-Mitglied“ vorstellte.“: Wer mit Hunger gekommen war, der müsste ihn lange schieben. Knapp eine Stunde nahm man sich erst mal Zeit, um über Asylpolitik zu diskutieren. Dann waren aber im Handumdrehen Nudeln, Dosenerbsen und Lauch zu einem Pfannengericht gerührt, die Hähnchenflügel angebraten. Und dann wollte niemand essen. Nicht mal der Koch.


Tatort-Star kämpft mit Kochlöffel für Flüchtlinge
Bild, 4. Oktober 2005

Saarbrücken – Tatort-Star Jochen Senf kocht – am Herd und vor Wut.
Eingeladen hatte der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR). „Angeblich leben Flüchtlinge auf unsere Kosten“, erklärt Vorstandsmitglied Doris Klauck. „Wir wollen demonstrieren, wie es wirklich aussieht im Lager Lebach.“ Motto der Aktion: „Es wird gegessen, was vom Amt .kommt“. Prominenter Mitstreiter: Schauspieler Senf. Der hat vor sich: Ein Päckchen Eier, ein Päckchen Nudeln, eine Dose Erbsen, ein Becher Fruchtjoghurt. Zwar schafft er es, daraus etwas zu zaubern. Aber den Zuschauern wird schnell klar, was Senf passend in Worte fasst: Die Lebensmittel sind so erbärmlich, dass ich mich fast geniere zu kochen.“


Flüchtlingsräte kritisieren Prozess wegen Lufthansa-Online-Demo
ngo-online.de, 13. Juni 2005

In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren sieben Landes-Flüchtlingsräte den am Dienstag in Frankfurt vor dem Amtsgericht stattfindenen Prozess wegen der Online-Demo gegen Abschiebungen durch die Lufthansa. Wenn man im Internet Verträge abschließen könne, müsse man dort auch demonstrieren können, erklärten die Flüchtlingsräte aus Saarland, Hessen, Hamburg, Brandenburg, Niedersachsen, Bayern und Berlin. Außerden bekannten sie, dass auch sie mitdemonstriert hätten. „Da wir aber aus unserer Alltagsarbeit wissen, dass kein Mensch freiwillig flieht, ist es notwendig, gegen diese Abschiebungen zu protestieren: Selbstverständlich auch im Internet“, heißt es in der Erklärung. Angeklagt ist der Inhaber einer Domain, auf der der Aufruf zu der Aktion veröffentlicht wurde. Im Sommer 2001 hatten auf Initiative von „Libertad“ und „Kein Mensch ist illegal“ Organisationen und Privatleute durch ständigen Zugriff auf die Internetseite der Lufthansa diese zum Teil lahm gelegt und damit gegen Abschiebungen durch das Unternehmen demonstriert. Unabhängig von den rechtlichen Fragen fänden die Flüchtlingsräte den Protest gegen die Abschiebungen der Lufthansa politisch richtig und angemessen, erklärten sie. Schließlich transportiere die Lufthansa kein Stückgut, sondern Menschen, die unter Zwang in ein Flugzeug verfrachtet würden, weil ihnen in Deutschland kein Asyl gewährt werde. Zielort sei ein Land, in dem den Abgeschobenen Folter und Unterdrückung drohten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Domain-Inhaber den öffentlichen Aufruf zur Nötigung vor. Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Anzeige der Lufthansa hin eine Razzia bei Libertad! durchgeführt und dabei Computer und Datenträger beschlagnahmt. Eine nach eigenen Angaben angebotene Einstellung des Verfahrens gegen den Verzicht auf Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände lehnte die Initiative ab.


Peter Müller, Harter Mann für Law & Order
Saar-Echo, 23. März 2005

Härtefallkommission: Saarländischer Flüchtlingsrat wirft Landesregierung doppeltes Spiel vorSaarbrücken. „Die saarländische Landesregierung betreibt ein doppeltes und perfides Spiel mit Flüchtlingen und täuscht zugleich die Öffentlichkeit“, so Peter Nobert, Vorstandsmitglied des Saarländischen Flüchtlingsrates (SFR). Während die Landesregierung mitteilt, die Härtefallkommission habe sich zu ihrer ersten Sitzung getroffen und werde nun ihre Arbeit aufnehmen, wird offenbar gleichzeitig in großem Umfang beabsichtigt, Menschen, die seit Jahren über rechtmäßigen Aufenthalt verfügen und integriert sind, außer Landes zu schaffen. „Auf der einen Seite brüstet sie sich mit der Einrichtung der Härtefallkommission, auf der anderen Seite beendet sie den rechtmäßigen Aufenthalt von vielen Betroffenen, vernichtet deren Existenzen und produziert damit massenweise neue Härtefälle“, so Nobert. Hintergrund ist der flächendeckende Widerruf von Asylberechtigungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge z.B. von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien und Irak. Im Anschluss hieran werden deren unbefristete Aufenthaltserlaubnisse widerrufen und damit der seit vielen Jahren bestehende rechtmäßige Aufenthalt beendet. Die Betroffenen sind integriert, das Heißt, sie sorgen für ihren eigenen Lebensunterhalt, die Kinder sind in Deutschland aufgewachsen oder geboren, gehen hier zur Schule oder haben ihre Ausbildungen hier erfolgreich abgeschlossen.Anders als im Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz, das aufgrund eines entsprechenden Erlasses solchen Familien den Aufenthalt nicht widerruft, setzt das Saarland unter Peter Müller abermals auf eine harte Linie. Angesichts der gerade von christdemokratischen Politikern allseits geforderten Integration erscheint diese Politik gewollt unmenschlich. Der Saarländische Flüchtlingsrat fordert die Saarländische Landesregierung auf, im Umgang mit Flüchtlingen humanitäre Standards einzuhalten und zumindest den Erlass von Rheinland-Pfalz zu übernehmen.


Flüchtlingsrat contra Müllerregierung
SR-Online, 23. März 2005

Der Flüchtlingsrat Saar hat erneut die Asylpolitik der Landesregierung kritisiert. Ein Sprecher sagte, derzeit würden flächendeckend durch das Bundesamt Asylberechtigungen für Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und dem Irak widerrufen. Viele von ihnen seien bereits seit Jahren im Saarland und bestens integriert. Der Flüchtlingsrat warf der Regierung Müller vor, eine vergleichsweise harte Linie zu fahren. In Rheinland-Pfalz werde der Aufenthalt der Betroffenen weiter geduldet.


Flüchtlingsrat kritisiert Landeswohnsiedlung
VON SZ-REDAKTEUR HARALD KNITTER
Ein täglicher Alptraum. Das Saarland macht Asylbewerbern das Leben schwer. Raum, Essen und Duschen seien viel zu knapp, sagt der Saarländische Flüchtlingsrat. Am Freitag zeigte er in Lebach die Lebensumstände in der Flüchtlingssiedlung.

Lebach. In der großen Halle der Essensausgabe zwingt ein zwei Meter hoher Zaun die breite Masse der Wartenden in eine schmale Schlange. Er zwingt zu eiserner Geduld beim Anstehen, das oft eine Stunde, auch mal zwei dauert. Schließlich gibt es nur zwei Mal die Woche Lebensmittel, ein drittes Mal Getränke: Rationen, für alle gleich. „Da ist kaum was dabei, was uns schmeckt, keine Abwechslung“, bedauert ein Kurde. Man darf nicht wählerisch sein in der Lebacher Landeswohnsiedlung, der zentralen Flüchtlingsunterkunft des Saarlands. Ein Baguette hält ein anderer hoch:„Das muss drei Tage reichen.“ Klagen häufen sich Seit einem Jahr nehmen die Klagen über die Lebensbedingungen im Lebacher Zentrum zu, berichtete Roland Röder vom Vorstand des Saarländischen Flüchtlingsrates (SFR) am gestrigen Freitag vor Ort. Am „Tag des Flüchtlings“ startete der SFR daher die Plakat-Aktion und Info-Kampagne „Wenn das tägliche Leben zum Alptraum wird“, die auch Prominente unterstützen. Der Kabarettist Detlev Schönauer und die Schauspielerin Ingrid Braun machten sich selbst ein Bild von den Unterkünften der Flüchtlinge. Mehr noch als die eingezäunte Warteschlange verstört das ständige Husten und der penetrante Körpergeruch in dem Saal. Er erkälte sich regelmäßig auf dem Weg von den Duschen nach Hause, presst ein junger Mann hervor, bevor er wieder hustet. „Nasszellen“, das trifft es besser, gibt es nur im Keller des Zentralgebäudes -15 für Männer, 15 für Frauen und je drei Badewannen. Bei derzeit 1491 Bewohnern. Keinen Fön. Die Haare der Männer und Frauen, die dem Duschkeller entsteigen, sind noch feucht, als sie in den kühlen Nieselregen treten. Die Reinlichkeit hat zeitliche Grenzen: montags bis freitags zehn bis 17.30 Uhr, samstags 13 bis 16.30 Uhr, sonntags gar nicht. An einen normalen Tagesablauf ist nicht zu denken, Sport treiben ein Problem. Die Balkone dienen nur der Wäsche, die dort Tage lang klamm baumelt. Denn Trockner gibt es auch nicht. Hoffnungslos und aggressiv „Das Lager ist ein Mittel der Disziplinierung und Kontrolle“, sagt Röder vom SFR. „Mit der Zerstückelung des Alltags wird dafür gesorgt, dass eine völlige Perspektivlosigkeit entsteht.“ Sein Vorstandskollege Bernhard Dahm vertritt als Rechtsanwalt seit Jahren Flüchtlinge. „Das Leben ist zu stark reglementiert und die Unterbringung in Lagern über Jahre verstößt gegen den Geist der Genfer Flüchtlingskonvention“, beklagt er. Das Verbot der Arbeit im ersten Jahr, die extremen Hürden danach, ärztliche Versorgung nur bei akuten – nicht chronischen – Schmerzen, fehlende Privatsphäre durch Überbelegung: Das schaffe Hoffnungslosigkeit und Aggression. Über das Gelände kann man als Journalist nicht gehen, ohne Leidensgeschichten zu hören: frisch operierte Kinder, die trotzdem ausreisen sollen; ein diabetischer Fuß, der unbehandelt bleibt; ein alter Mann, der nicht zu seiner Tochter nach Köln darf. Äußerlich sind die zwei-etagigen Wohnhäuser ordentlich gestrichen, haben aber innen wohl seit Jahren keinen Pinsel gesehen. Farbe und Putz bröckeln. Detlev Schönauer zeigt sich geschockt: „Geradezu unwürdig, die Unterbringung“, befindet er. „Vier bis fünf Personen müssen sich ein Zimmer teilen. Manchmal reicht nicht einmal die Anzahl der Betten – und das, obwohl das Lager nicht einmal voll belegt ist.“ Die Siedlung ist (in dieser Enge) auf 2300 Personen ausgelegt und hat derzeit LeerstandMEINUNG – Nicht mal satt und sauber?
Manche sagen, man brauche sich um das Asylrecht nicht zu sorgen, wenn schon Artikel l des Grundgesetzes missachtet wird: die Würde des Menschen. Man kann streiten, wie viel Lebensqualität Flüchtlingen von Steuergeldern geboten werden darf. Doch sollte man eine solche Debatte nicht bereits starten, wenn selbst Grundbedürfnisse kaum erfüllt werden. Aus der Altenpflege stammte einst der längst verpönte Mindeststandard: satt und sauber. Mit Einheitsverpflegung und Zentralduschen werden in Lebach viele Flüchtlinge nicht satt, nicht sauber – aber immer öfter krank. Das ist unwürdig und unzumutbar.
Auftakt zu einer Landesweiten KampagneLebacher RundschauSFR will auf das Leben im Flüchtlingslager Lebach aufmerksam machenEssen von einer zentralen Ausgabestelle, Duschen nach Voranmeldung, Arztbesuch nach Anstehen, mit bis zu vier Personen in einem Raum leben – diese Lebensumstände der Menschen im Lebacher Flüchtlingslager moniert der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) und macht mit einer landesweiten Kampagne auf diese Problematik aufmerksam. In Lebach fand nun die Auftaktveranstaltung des SFR, in dem zahlreiche Organisationen und Privatpersonen, die helfen wollen, zusammengeschlossen sind, statt. Der SFR verteilte Flugblätter mit dem Titel „Wenn das tägliche Leben zum Alptraum wird“ und will damit auf das Schicksal der hier lebenden Flüchtlinge aufmerksam machen. „Die Flugblätter und Plakate werden in den nächsten Wochen überall im Land verteilt“, erklärt Roland Röder von der Aktion 3. Welt Saar und Vorstandsmitglied des Saarländischen Flüchtlingsrates. „Wir wollen die Öffentlichkeit auf die Missstände im Flüchtlingslager aufmerksam machen, denn kaum einer weiß, wie die Menschen hier leben.“ Rund 1500 Menschen leben im Flüchtlingslager in Lebach, das Ende der 50er Jahre als Landesaufnahmestelle für Aus- und Umsiedler errichtet wurde. In den Straßen Schlesierallee, Pommernstraße, Oderring und Ostpreußenstraße leben die Flüchtlinge aus aller Herren Länder in 53 Wohngebäuden mit jeweils vier bis sechs Wohnungen. Meist leben mehrere Personen in einem Raum. Gekocht wird in Gemeinschaftsküchen, die Ausgabe von Lebensmitteln erfolgt dreimal pro Woche in einem zentral gelegenen Gebäude. Zwei Familien berichteten aus ihrem Leben in Lebach. Sie monierten neben den alltäglichen Problemen, dass sie sich nur im Saarland frei bewegen dürfen und dieses ohne Erlaubnis nicht verlassen dürfen. „Die Kinder, die zur Schule gehen, bekommen gerademal 20 Euro Taschengeld pro Monat von der Lagerleitung ausbezahlt“, berichtet Mecit Aslan, Vater einer Großfamilie, die seit 1995 in Deutschland lebt. „Das reicht kaum aus.“ Auch , Helim Kaplan, eine 34-jährige, sechsfache Mutter, deren Ehemann aufgrund der drohenden |Abschiebung untergetaucht ist, kam zu Wort .und äußerte ihre Ängste vor der Zukunft. Rechtsanwalt Bernhard Dahm aus Saarbrücken referierte zudem vor der Presse über „Flüchtlinge und Menschenrechte im Saarland“. Er sprach von ständiger Unzufriedenheit, die letztlich in Frustration und durchaus auch in Aggression ausarten kann. Dahm machte die Intension des Saarländischen Flüchtlingsrates deutlich. Der SFR demonstriere mit dieser friedlichen Aktion nicht gegen die Lagerleitung, sondern gegen die Gesetze, die “ solche Lager ermöglichen und forderte die Auflösung des Lagers. Auch Detlef Schönauer alias Jacques Bistro unterstützte die Aktion des SFR gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Bernhard Dahm aus Saarbrücken und Roland Röder von der Aktion 3. Welt Saar nach Lebach gekommen, um vor Ort mit den Betroffenen zu reden.


Ihre Kurdische Familie

Seit über zehn Jahren engagiert sie sich für kurdische Familien – Doris Frey. Die pensionierte Lehrerin gehört zu den Gründungsmitgliedern des Flüchtlingsrates.
VON SZ-MITARBEITERIN MARTINA MEUREN

Saarbrücken/Riegelsberg. Doris Frey ist eine Frau der Taten, und dass „da jetzt jemand so viel in der Zeitung über sie schreibt“, das ist ihr gar nicht recht. Seit 1992 engagiert sich die 68-ährige ehemalige Oberstudienrätin für Latein und Französisch am Wirtschafts-Gymnasium Saarbrücken für Kurdenfamilien aus der Türkei. Doris Frey wohnt heute in Riegelsberg und ist Gründungsmitglied des Saarländischen Flüchtlingsrates, der seit zwei Jahren besteht und eine humane Flüchtlingspolitik und die Bekämpfung von Rassismus zum Ziel hat. Der Tod des Afrikaners Samuel Yeboah aus Ghana am 19. September 1991 bei einem Brandanschlag in Saarlouis war für Frey ein Schlüsselerlebnis. „Der Tod des jungen Mannes in der Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis-Fraulautern, dazu fast zeitgleiche Attacken auf Asylantenheime in Rostock und Hoyerswerda, brennende Heime und Rostocker, die dazu Beifall klatschten – unfassbar, sagt die praktizieende Christin im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Flüchtlinge zu helfen und sie vor Attacken zu schützen war mein Zeil im ökumenischen Arbeitskreis Solidarität mit Flüchtlingen und Ausländern in der Saarbrücker Mozartstraße“, berichtet sie von den Anfängen ihres Engagements. Was sie dort erwartete: „Katastrophale Zustände, 65 Personen, teilweise Familien mit sieben Personen in kleinsten Zimmern, schlechte sanitäre Verhältnisse.“ Wenigstens Teppiche und Sofas konnte Frey mit Hilfe von Spenden für die Flüchtlinge beschaffen. Einer kurdischen Familie vermittelte sie ein Asyl in der Saarbrücker Gärtnerstraße und bezahlte deren Unterhalt zum Großteil mit. Seit drei Jahren lebt jene, heute „ihre“ Familie im Lager Lebach, mit sieben Personen auf 47 Quadratmetern zusammengepfercht. Wegen solcher Lebensbedingungen startete der Flüchtlings- rat die Infokampagne „Wenn das tägliche Leben zum Albtraum wird“. „Als Helfer kriegen Sie den Frust, wenn sie die Bürokratisierung erleben, den Druck auf die Flüchtlinge, der mit langer Wartezeit bei den Ausländerbehörden beginnt.“ Doris Frey hat sich ein extra geräumiges Auto angeschafft, damit auch „ihre“ kurdische Familie darin Platz hat. „Die Kleinen sagen Oma zu mir. Und wenn sich doch leider ergeben sollte, dass sie nach elf Jahren zurück in die Türkei müssen, baue ihnen eine Existenz dort auf, sagt die couragierte Frau.

HINTERGRUND
25 bis 30 Millionen Kurden bilden weltweit das größte Volk ohne eigenen Staat. Die Situation der Kurden in der Türkei: Durch den Vertrag von Lausanne 1923 wurde auch die Minderheit der Kurden nicht mehr berücksichtigt. Sie wurde entsprechend dem islamischen Nationenbegriff mit ethnisch und kulturell verschiedenen Gruppen eingegliedert. Dieser Assimilationsdruck führte zu Aufständen. Kurdische Familien, die in die Türkei zurückkehren müssen, stehen vor dem Nichts.